Drucksache - DS/0630/III  

 
 
Betreff: Attraktivere Bibliotheken
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:FDPFDP
  Diener, Thomas
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
27.02.2008 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg schriftlich beantwortet   

Beschlussvorschlag
Anlagen:
1. Version vom 04.03.2008 PDF-Dokument

Ich frage das Bezirksamt:

Ich frage das Bezirksamt:

1. Ist dem Bezirksamt das Projekt „Top Titel“ des Bezirkes Lichtenberg bekannt und gibt es ein vergleichbares in Friedrichshain-Kreuzberg?

2. Wie bewertet das Bezirksamt dieses Projekt?

3. Welches Probleme sieht das Bezirksamt, die gegen die Umsetzung  dieses Projektes in unserem Bezirk sprechen?

Sehr geehrter Herr Diener,

 

Ihre o.g. Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Frage 1:

Ist dem Bezirksamt das Projekt „TOP Titel“ des Bezirkes Lichtenberg bekannt und gibt es ein vergleichbares in Friedrichshain-Kreuzberg

 

Das Projekt „TOP Titel“ des Bezirkes Lichtenberg ist dem Bezirksamt bekannt. Dieses Angebot gibt es unter dem Namen „Bestsellerservice“ auch in anderen Berliner Bezirksbibliotheken.

Bei diesen Bestsellerservice-Angeboten werden besonders publikumswirksame und nachgefragte Titel in höherer Exemplarzahl gegen ein Entgelt zu verkürzten Ausleihkonditionen (Ausleihe für 2 statt 4 Wochen, ohne Verlängerungsmöglichkeit) verliehen.

Als „Bestseller“ gilt in einigen Bibliotheken nur belletristische Literatur, in anderen werden auch CDs und DVDs in diesem Service angeboten. Auswahlgrundlage sind zumeist die diversen Bestseller-Listen aus Wochenzeitschriften, insbesondere die Bestseller-Listen des „Spiegels“ und des „Focus“. Teilweise – so z.B. in Lichtenberg - handelt es sich um Titel, die die Bibliotheksmitarbeiter/innen empfehlen bzw. in den Bibliotheken besonders nachgefragt, also sogenannte „Ausleihrenner“, sind.

Die Entgelte für die Bestseller-Ausleihe betragen pro Buch/Medium in der Regel zwischen 2,- € und 2,50 € für eine 14-tägige Ausleihfrist.

 

Die Stadtbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg stellt ihren Benutzer/innen Bestseller-Titel ebenfalls zur Verfügung. Jedoch werden weder eine erhöhte Anzahl einzelner Titel angeboten, noch werden für die Entleihung Entgelte erhoben.

 

 

 

 

 

Frage 2: Wie bewertet das Bezirksamt dieses Projekt?

 

Das Bezirksamt bewertet das Projekt differenziert.

 

Grundsätzlich erweitert ein solches Angebot die regulären Bibliotheksbestände, indem besonders publikumswirksame Titel in höherer Exemplaranzahl in das Angebot aufgenommen werden. Die Nachfrage nach „Bestsellern“ kann durch die Staffelexemplare  besser befriedigt werden.

 

Allerdings müssen auch die sozialen, inhaltlichen, finanziellen und rechtlichen  Rahmenbedingungen in die Bewertung einbezogen werden.

Die Benutzungs- und Entgeltordnung der Öffentlichen Bibliotheken Berlins sieht grundsätzlich die entgeltfreie Benutzung der Bibliotheken vor, lediglich der Jahresausweis ist kostenpflichtig – und das nur für Erwachsene mit Erwerbseinkommen. Die letzte Änderung der Entgeltordnung aus dem Jahr 2006 wurde nicht zuletzt vorgenommen, um für Bürger/Innen, die finanziell sehr eingeschränkt leben müssen, die Entgelte zu reduzieren bzw. ganz zu erlassen (z.B. Jahresausweis). Die Entgeltordnung lässt jedoch die Möglichkeit zu, für besondere Angebote wie den Bestsellerservice, Entgelte zu erheben.

Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg nutzen sehr viele Bürgerinnen und Bürger die Bibliotheken. Der Anteil an Benutzer/innen, denen ein kostenloser Bibliotheksausweis zusteht, liegt deutlich über dem von Bürger/innen, die das Jahresentgelt in Höhe von 10,- € zahlen müssen. Es steht somit zu befürchten, dass eine große Zahl von Benutzer/innen der Bibliotheken in unserem Bezirk aus finanziellen Gründen von der Nutzung des Bestsellerservices ausgeschlossen wären.

 

Darüber hinaus sind fachliche bzw. inhaltliche Aspekte in die Bewertung einzubeziehen. Nicht jedes Buch oder Medium, das zum Bestseller wird, entspricht den qualitativen Standards und nicht jeder Bestseller findet den Zuspruch der Benutzer/innen der Bibliotheken in Friedrichshain-Kreuzberg (z.B. 2006 waren diverse Titel von und über Josef Ratzinger/Papst Benedikt auf der Bestseller-Liste; diese Bücher fanden in Friedrichshain-Kreuzberg so gut wie keine Leser/innen). Es muss deshalb abgewogen werden, welche Titel in welcher Staffelung in einem solchen Service in unserem Bezirk angeboten werden sollten.

(Dies gilt insbesondere bei äußerst knappem Medienetat)

Da Bestsellerservices nicht nur in Berliner sondern seit Jahren auch in anderen deutschen Bibliotheken angeboten werden, hat der Börsenverein des Deutschen Buchhandels Ende 2005 rechtliche Bedenken gegenüber diesem Angebot geäußert.  Es geht bei der juristischen Auseinandersetzung zwischen dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels und dem deutschen Bibliotheksverband um eine unterschiedliche urheberrechtliche Beurteilung der Ausleihe von Bestsellern gegen Entgelte bzw. Gebühren (zur Erläuterung: der Börsenverein sieht in der Ausleihe gegen Entgelt den Akt der Vermietung, für die es gemäß § 17 Urheberrecht zwingend der Zustimmung der Rechteinhaber, d.h. der Verlage, bedarf. Der Deutsche Bibliotheksverband sieht in der entgeltpflichtigen Ausleihe den Akt des Verleihs, da die Entgelte in keinem Fall kostendeckend sind.).

 

 

Frage 3: Welche Probleme sieht das Bezirksamt, die gegen die Umsetzung dieses Projektes in unserem Bezirk sprechen?

 

In den Bezirken mit Bestsellerservice werden die Einnahmen aus dem Angebot den Bibliotheken unmittelbar zur Refinanzierung dieser zusätzlichen Dienstleistung zur Verfügung gestellt. In erster Linie muss bedacht werden, dass es einer Startinvestition von mehreren tausend EURO bedarf, um das Angebot aufzubauen. Die Höhe dieser Startinvestition hängt vom Umfang ab, also: wie viele und welche Titel und Medienarten sollen einbezogen werden, wie hoch soll die Staffelung der einzelnen Titel sein, in wie vielen Bibliotheken des Bezirkes will man das Angebot einführen. Die Erfahrungen aus den anderen Bezirken zeigen, dass nach etwa einem halben Jahr die Anschaffungskosten refinanziert werden können.

Da der Medienetat der Stadtbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg in diesem Jahr aufgrund der Einsparvorgaben um 35 T€ gekürzt werden musste, stehen die Mittel für die Startinvestition zur Zeit nicht zur Verfügung, wenn nicht auf andere notwendige Ankäufe verzichtet werden soll.

 

Darüber hinaus müsste die Frage nach dem sozialen Aspekt eines solches Services geklärt werden. In einigen Bezirken, die den Bestsellerservice anbieten, gibt es ein zusätzliches Exemplar der jeweiligen Titel, das entgeltfrei entliehen werden kann. Um jedoch wirklich allen Bürger/Innen in relativ kurzer Zeit einen Zugang zu diesen Bestsellern oder „Top Titeln“ zu ermöglichen und damit dem Auftrag der Bibliotheken, nämlich den freien Zugang zu allen Informationen, gerecht zu werden, müsste der Bestsellerservice entgeltfrei angeboten werden. Dies ist aus finanziellen Gründen wiederum nicht möglich.

 

Fazit:

 

Das Bezirksamt hat nichts gegen das Top-Titel-Projekt einzuwenden, jedoch wird eine Realisierung erst dann konkret, wenn der Medienetat den Standard von 1,00 €/pro Einwohner erreicht hat.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Klebba

Bezirksstadträtin

 

 

 
 

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