Zweiter Tätigkeitsbericht (August 2004 - September 2005)

1. Allgemeines

Das abgelaufene Berichtsjahr war geprägt durch tiefe Einschnitte in das soziale Gefüge, von denen auf Bundesebene besonders die Hartz-Reformen und im Landesmaßstab die Umstrukturierung des Sonderfahrdienstes Telebus sowie des Öffentlichen Gesundheitsdienstes zu erwähnen sind. Die Umstellung der Leistungssysteme löst unter den Menschen mit Behinderung Verwirrung aus. Sie werden von den Behörden z. T. schlecht und falsch beraten und laufen – oft als letzten Ausweg – meine öffentliche Sprechstunde an. Es handelt sich hier um Bürger, die in der Regel keine Bindung zu einem freien Träger mit entsprechendem Beratungsangebot haben. Wenn es diese Beratungsangebote der freien Träger nicht gäbe, nehme ich an, würde meine Sprechstunde überlaufen sein. Allerdings habe ich keine sozialpädagogische Ausbildung, und auch mein Aufgabenspektrum weist etwas anderes aus. In aller Regel versuche ich die richtigen Kontakte herzustellen und bestimmte Empfehlungen zum zuständigen Leistungsträger zu geben. In Ausnahmefällen helfe ich dabei, Widersprüche sachgerecht zu formulieren.

Konnte ich im letzten Bericht noch anführen, dass mich eine gzA-Kraft unterstützt, so hat das mit Auslaufen dieses Programms ein Ende gefunden. Als mögliche Empfängerin von ALG II bekommt Frau Oldenburg keine Mittel für die Inanspruchnahme des Sonderfahrdienstes Telebus (Arbeitsfahrten) bewilligt, da diese den Rahmen für Merhaufwendungen sprengen würden (ca. 600 €).

2. Gremientätigkeit

Teilnahme an den Amtsleitersitzungen bei der BzBmin/FinAbtLin; Organisation und Teilnahme an den regelmäßig alle zwei Monate stattfindenden Sitzungen des bezirklichen Beirats für Behindertenangelegenheiten; Teilnahme an den monatlichen Treffen der Bezirksbehindertenbeauftragten mit dem Landesbeauftragten für Behinderte; Teilnahme an den Treffen der Vorsitzenden der Bezirksbehindertenbeiräte mit dem Vorsitzenden des Landesbeirats; Teilnahme an Sitzungen der BVV-Ausschüsse, sofern Themen mit Bezug zu Menschen mit Behinderung behandelt wurden; Mitarbeit in den Arbeitsgruppen “Menschen mit Behinderung” bei den Senatsverwaltungen für Finanzen und für Wirtschaft, Arbeit und Frauen; darüber hinaus Teilnahme an allen Sitzungen des Landesbeirats für Behinderte, in dem ich den Schwerhörigen-Verein Berlin e. V. vertrete. Zu jeder Sitzung des bezirklichen Beirats für Behindertenangelegenheiten lege ich einen Tätigkeitsbericht für die zurück liegenden zwei Monate ab, in dem neben den wichtigsten Aktivitäten dem Beirat auch problematische Fälle zur Diskussion gestellt werden.

Themen der Sitzungen des bezirklichen Beirats für Behindertenangelegenheiten im Berichtszeitraum waren: Besichtigung und Test der neuen Kassenautomaten in der Bezirkskasse im Rathaus Charlottenburg Das neue BVG-Verkehrskonzept. Wie wirkt es sich für Menschen mit Behinderung in unserem Bezirk aus? Sozialraumorientierung im Jugendhilfebereich. Wo bleiben dabei die behinderten Kinder und Jugendlichen? Die neue Prioritätenliste von SenStadt für den Einbau von Aufzügen in U-Bahnhöfen Der Vorschlag der AG des Landesbehindertenbeirats zur Härtefallregelung beim Telebus Persönliches Budget — eine tragbare Alternative für Menschen mit Behinderung? “Sozialamt 2005”
Die monatlichen Treffen der Bezirksbehindertenbeauftragten mit dem Landesbeauftragten, die Sitzungen des Landesbeirats sowie der Arbeitsgruppen bei den Senatsverwaltungen und die Treffen der Bezirksbeiratsvorsitzenden mit dem Vorsitzenden des Landesbeirats dienen der Vernetzung und ausführlichen Information und haben äußerst positive Effekte für die Arbeit im Bezirk. Unter anderem ergeben sich hier aktuelle und interessante Themen für die Sitzungen des Bezirksbeirats.

3. Zusammenarbeit mit den Abteilungen des Bezirksamtes und mit der BVV

Es ist zur Regel geworden, dass das Bauamt und das Wirtschaftsamt Bauherren und Gewerbetreibende in Fragen der Herstellung von Barrierefreiheit an mich verweisen.

Gut gestaltet sich auch die Zusammenarbeit mit der Abt. Jugend, Schule und Sport. Zwar wurde ich bei der Neuregelung der Kita-Landschaft von Elternvertretungen gebeten, an den öffentlichen Sitzungen teilzunehmen, doch konnte ich den Eindruck gewinnen, dass die Abteilungsleitung an meiner Mitarbeit interessiert war. Auf der erwähnten Fachtagung “Das 9-Jahres-Loch” wird die Vertreterin des Jugendamtes im Bezirksbeirat, Frau Hergli, mit Erfahrungen aus ihrer Praxis auftreten.

Im Zusammenhang mit dem Lokalen Kapital und dem bezirklichen Bündnis für Wirtschaft und Arbeit besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Abt. Soziales, Gesundheit, Verkehr und Umwelt. Daraus ergeben sich auch bestimmte Anregungen für MAE-Maßnahmen im Bezirk, z. B. Datenerhebung für die Datenbank Mobidat und Mobilitätshilfedienste für Senioren und Menschen mit Behinderung.

Bei der Einrichtung des bezirklichen JobCenters achte ich auf die barrierefreie Gestaltung des Dienstgebäudes.

Anfragen und Anträge aus der BVV, die Belange von Menschen mit Behinderung betreffen, werden von der BzBmin durch Vorlagen zur Kenntnisnahme beantwortet, im Berichtszeitraum z. B. zur Zukunft des Sonderfahrdienstes Telebus und zur Minderung der Belastung für ehrenamtlich aktive Menschen mit Behinderung.

4. Öffentliche Sprechstunden, telefonische Beratung

Die Situation bei den öffentlichen Sprechstunden hat sich gegenüber dem letzten Bericht nicht verändert. Das betrifft sowohl die Besucherfrequenz als auch die Besucherkategorien und die Themen.

Weiterhin erreichen mich viele Anrufe und E-Mails. Arbeitstäglich fallen im Durchschnitt 8 telefonische Anfragen an. Viele Anrufe beinhalten auch Anfragen von Architekten, Bauherren und Gastronomiekonzessionären von der gleichen Art, wie unter den Sprechstunden aufgeführt. Hieraus ergeben sich vielfältig Ortstermine, bei denen ich des Öfteren Tipps zur baulichen Lösung von Problemen der Herstellung von Barrierefreiheit geben konnte.

Geändert hat sich auch nicht, dass sich unverhältnismäßig viele Bürger an mich wegen der Anschrift und Telefonverbindung Versorgungsamtes wenden. Es ist für den normalen Bürger auch nicht nachzuvollziehen, dass sich das Versorgungsamt hinter dem Landesamt für Gesundheit und Soziales verbirgt.

In wenigen, begründeten Fällen führe ich auch Hausbesuche durch, in aller Regel bei behinderten und hochbetagten Menschen.

5. Kontakte zu lokalen Organisationen

Auf Einladung stellte ich mich und meine Arbeit beim Kreisverband Charlottenburg des SoVD vor. Weiterhin nahm ich teil an der Eröffnung des Aphasie-Zentrums im St.-Gertrauden-Krankenhaus und an der 15-Jahr-Feier des Berliner Behindertenverbandes. Nach Eröffnung einer neuen Wohngemeinschaft für junge Menschen mit geistiger Behinderung in der Angerburger Allee hatte ich ein ausführliches Gespräch mit Vorstand und Mitarbeitern des Trägervereins Zukunftssicherung e. V.

6. Veranstaltungen, Aktionen

In meiner Funktion als Bezirksbehindertenbeauftragter nahm ich an bezirklichen Veranstaltungen wie dem Tag des Ehrenamtes teil.

Auf ehrenamtlicher Basis organisierte Frau Oldenburg aus meinem Büro heraus die Diskussionsrunde “Erfahrungen von Frauen mit Behinderung mit Hartz IV” im Rahmen des Frauenfrühlings 2005. Mit meinem Kollegen Haase aus Tempelhof-Schöneberg zusammen initiierte ich die Fachtagung “Das 9-Jahres-Loch”, bei der es um die Beratungs- und Versorgungssituation junger behinderter Menschen nach Erreichen des 18. Lebensjahres ging. Diese Veranstaltung ist im Veranstaltungsplan der Verwaltungsakademie Berlin enthalten.

Wie alle meine Kolleg/inn/en in den anderen Bezirken bin ich in die vom Landesbeauftragten für Behinderte initiierte Aktion “Berlin – barrierefrei” eingebunden. Im Bezirk startete die Aktion am 18. Oktober 2004 mit der Verleihung des Signets an das “stilwerk” in der Kantstraße. Am 13. Dezember 2004 tagte der bezirkliche Beirat für Behindertenangelegenheiten im Hotel “Mondial”. Bei dieser Gelegenheit überreichte die Beiratsvorsitzende, Frau BzBmin Thiemen, dem Geschäftsführer des Hotels das Signet “Berlin – barrierefrei”.

Seitdem haben 7 verschiedene Betriebe das Signet mit Urkunde erhalten. Berlinweit ist die Aktion ein wenig eingeschlafen. Der Landesbeauftragte für Behinderte plant für September 2005 eine Neubelebungsaktion. Flankierend werde ich in den “Rathaus-Nachrichten” einen neuen Aufruf starten.

Parallel dazu bestehen enge Beziehungen zum Verein Albatros e. V., der mit seinem Projekt Mobidat die Informationsdatenbank zur Barrierefreiheit von Movado weiterführt und pflegt. Albatros hatte im Bezirk eine halbjährige AB-Maßnahme zur Erhebung entsprechender Daten im Bezirk. Momentan ist diese Aktion wieder ins Stocken geraten, weil es kaum noch AB-Maßnahmen gibt und sich das Job Center mit der Vergabe von MAE-Beschäftigungsverhältnissen für diesen Zweck sehr zurückhält. Ein Verein aus Tempelhof-Schöneberg bemüht sich um die Trägerschaft zum Zweck der Datenerhebung in unserem Bezirk. In allen Fällen unterstützte ich die Bemühungen durch Referenzschreiben und durch Unterweisung des Personals.

In weitgehend ehrenamtlicher Arbeit bemüht sich Frau Oldenburg, die einige Zeit bei mir als gzA-Kraft tätig gewesen war, in Berlin eine Filiale der “Schatzkiste” aufzubauen – eine Partnervermittlung für behinderte Menschen, die aus einer Initiative der Evangelischen Stiftung Alsterdorf in Hamburg entstanden ist und sich nun auf das ganze Bundesgebiet ausbreitet. In Berlin hat sich mittlerweile ein Netzwerk interessierter Organisationen gebildet. Ich unterstütze Frau Oldenburgs Bemühungen, indem ich Infrastrukturleistungen zur Verfügung stelle.

7. Auswärtige Veranstaltungen

An folgenden Veranstaltungen nationaler und regionaler Bedeutung nahm ich teil:
  • Veranstaltung der LAGH Berlin zum Entwurf der neuen Bauordnung von Berlin;
  • Veranstaltung der LAGH Berlin zum Verhältnis der Versicherungen zu behinderten Menschen;
  • EQUAL-Fachtagung “Gemeinsam Zukunft gestalten” in Weimar.
    Die Teilnahme brachte neben neuen Kontakten auch einen großen Erkenntnisgewinn für die eigene Arbeit.

8. Problemfelder

Als aktuelle Probleme neben den “Routine”-Arbeitsbereichen zeichnen sich vor allem zwei Felder ab:
  • Die Minderung der Auswirkungen von Hartz IV auf behinderte Menschen, denn das SGB II sieht für diesen Personenkreis leider keine besonderen Maßnahmen vor, im Unterschied zu SGB III und IX. Besonders nachteilig macht sich bemerkbar, dass der Gesetzgeber keine besonderen Stellen für die Rehabilitation Schwerbehinderter vorgesehen hat. Die Fallmanager sind mit dem Anspruch an universale Kenntnisse überfordert. Die Folge ist, dass gesetzlich mögliche Fördermaßnahmen nicht angeboten, in einzelnen Fällen sogar trotz Rechtsanspruchs verweigert werden.
  • Bemühungen um schnellstmögliche Etablierung neuer und Wiederbelebung alter Mobilitätshilfedienste für Senioren und behinderte Menschen. Einigen Trägern ist es noch nicht gelungen, als Ersatz von bisherigen und nicht mehr gewährten AB-Maßnahmen vom JobCenter MAE-Maßnahmen für diesen Zweck bewilligt zu bekommen. Das hat, wie häufige telefonische Nachfragen an meine Adresse belegen, zu einer erheblichen Unterversorgung des betroffenen Personenkreises in unserem Bezirk geführt.

Hartwig Eisel