129. Kiezspaziergang am 8.9.2012
Vom Ernst-Reuter-Platz zum Kurfürstendamm
Bezirksstadtrat Klaus-Dieter Gröhler
Treffpunkt: U-Bahnhof Ernst-Reuter-Platz, Ausgang
Hardenbergstraße Ecke Bismarckstraße
ca. 3,7 km
Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen zu unserem 129. Kiezspaziergang.
Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann ist zum
Partnerschaftsbesuch in Linz. Mein Name ist Klaus-Dieter
Gröhler, und ich bin Bezirksstadtrat für Bürgerdienste,
Weiterbildung, Kultur, Hochbau und Immobilien.
Als Kulturstadtrat will ich Ihnen an ausgewählten Beispielen
zeigen, wie viel Raum für Kunst und Kultur die City West rund
um die Universität der Künste zu bieten hatte und hat.
Wir werden über das TU-Gelände, die Straße des 17. Juni und
die Fasanenstraße den Kurfürstendamm erreichen.
Bevor wir beginnen, möchte ich Ihnen den Treffpunkt für den
nächsten Kiezspaziergang mitteilen. Wie immer wird er wieder
am zweiten Samstag des Monats stattfinden, also am 13. Oktober
ab 14.00 Uhr, dann wieder mit Bezirksbürgermeister Reinhard
Naumann. Ziel wird die Mierendorff-Insel sein, also das Gebiet
rund um den Mierendorffplatz, das von der Spree, vom
Westhafenkanal und vom Charlottenburger Verbindungskanal
umflossen wird. Anlass ist ein Jubiläum: Vor 100 Jahren wurde
der Mierendorffplatz vom Charlottenburger Gartendirektor Erwin
Barth angelegt.
Start ist am Samstag, dem 13. Oktober, um 14.00 Uhr am S- und
U-Bahnhof Jungfernheide. Das erste Ziel wird die
Gustav-Adolf-Kirche sein, in der von der Inselkunstgruppe
Mierendorffplatz eine InselKunst-Ausstellung gezeigt wird. Dann
wird es im großen Bogen an der Spree entlang zum Haus am
Mierendorffplatz gehen, wo die
100-Jahre-Mierendorffplatz-Ausstellung zu besichtigen sein
wird.
Ernst-Reuter-Platz
Aus der früheren Straßenkreuzung “Am Knie” wurde
1953 der Ernst-Reuter-Platz, benannt kurz nach dem Tod des
ersten Regierenden Bürgermeisters von West-Berlin.
Der Platz wurde nach Planungen des Architekten Bernhard Hermkes
Ende der 50er Jahre angelegt und ist ein typisches Beispiel
für die städtebaulichen Vorstellungen von der autogerechten
Stadt, wie sie von den 1950er bis zu den 1970er Jahren
vorherrschte.
Der Platz wurde mit 180 Metern Durchmesser zum größten
Rundplatz Berlins. Zuletzt wurde 1960 die Mittelinsel mit
Wasserspielen und Hauptfontäne durch Werner Düttmann
gestaltet. Zur Mittelinsel führt ein Fußgängertunnel.
Am 30. November 2011 fand die erste Standortkonferenz
“Ernst-Reuter-Platz” statt, an der sich auch Edzard
Reuter, der Sohn von Ernst Reuter, beteiligte.
Der Platz soll lebendiger werden, nicht nur für Autos.
Allerdings sind Veränderungen nicht einfach, weil sowohl der
Platz selbst wie auch alle ihn umgebenden Gebäude als
herausragende Beispiele der Nachkriegsmoderne unter
Denkmalschutz stehen. Studenten haben schon erste Ideen für
den Platz entwickelt wie zum Beispiel Ampeln im Kreisverkehr,
damit Fußgänger den Platz überqueren können. Am Ende soll
der Ernst-Reuter-Platz als Zentrum des Campus Charlottenburg
erlebt werden können.
Ernst-Reuter-Pl. 2: OrangeLab im CB-Haus
Das Haus am Ernst-Reuter-Platz Nr.2 wurde 1960/61 von Rolf
Gutbrod und Hermann Kiess für IBM
erbaut. Heute residiert hier die Kommunikationsagentur CB.e.
mit ihrem OrangeLab, das vom 10. bis zum 16. September eine
Architekturwoche veranstaltet. Hier treffen Wirtschaft und
Kunst in einem kreativen Zentrum zusammen, um neue Ideen für
die Vermarktung von Produkten zu entwickeln.
Ernst-Reuter-Pl. 3-5: Schweinske
Im Juni 2005 eröffnete Birger Butenschön aus Hamburg sein
Berliner Schweinske-Lokal, nachdem die Kette in Hamburg großen
Erfolg hatte. Hier in Berlin gibt es nicht nur preiswertes
Essen in einem familienfreundlichen Lokal, sondern auch seit
2006 in jedem Jahr an Heiligabend ein kostenloses
Weihnachtsmenü und anschließend Geschenke für jeweils 100
Bedürftige Menschen mit Kindern. Dafür wurde der
Geschäftsführer Birger Butenschön im letzten Jahr mit der
Bürgermedaille des Bezirks ausgezeichnet. In diesem Jahr hat
er am 5. August ein großes Kinderfest veranstaltet, bei dem
Kinder kostenlos Essen und Trinken und viele Geschenke bekamen.
Ernst-Reuter-Pl. 7: Telefunken-Hochhaus
(Telekom)
Das 22stöckige, 80 Meter hohe Haus am Ernst-Reuter-Platz Nr.7
wurde 1958-60 von Paul Schwebes und Hans Schoszberger als
erstes Berliner Gebäude mit mehr als 20 Stockwerken gebaut.
Bekannt wurde es als Telefunken-Hochhaus bzw. als “Haus
der Elektrizität”. Später wurde das Haus von der
Technischen Universität Berlin übernommen. Inzwischen
betreibt sie hier gemeinsam mit der Deutschen Telekom die
Forschungseinrichtung T-Labs. Diese Telekom Innovation
Laboratories sind der zentrale Forschungs- und
Innovationsbereich der Deutschen Telekom. Hier werden neue
Anwendungsbereiche für Handy- und Computertechnik erforscht,
von denen wir noch gar nicht wissen, dass wir jemals auf die
Idee kommen könnten, sie zu benützen. Aber kaum sind sie auf
dem Markt, geht es nicht mehr ohne sie.
Ernst-Reuter-Pl. 8: Osram-Haus (Teles)
Das 9stöckige Bürohaus am Ernst-Reuter-Platz Nr. 8 wurde
1956/57 von Bernhard Hermkes für die Verwaltung der Osram GmbH
errichtet. Heute leuchtet der Schriftzug Teles vom Dach. In dem
Gebäude befand sich einst Osrams “Lichtmuseum”, in
dem die Entwicklungsgeschichte der elektrischen Glühlampe
dokumentiert wurde. Seit 2009 hat die Teles Group hier ihren
Sitz. Sie wurde 1983 von Prof. Sigram Schindler als Teles GmbH
gegründet. Schindler war an der TU bis 1998 Professor für
Telekommunikation. 1997 wählte ihn das Manager Magazin zum
High-Tech-Manager des Jahres. Die Firma Teles ist heute ein
deutscher Konzern, der Infrastruktur-Systeme für
Telekommunikationsnetze entwickelt und Internet-Dienste
vermarktet. Dazu passt die Firma Gravis, die als Deutschlands
größter Apple-Händler seit Anfang 2007 in dem zweistöckigen
Nebengebäude ihr Berliner Hauptgeschäft betreibt, den
sogenannten Apple-Flagship-Store.
Ernst-Reuter-Pl. 9-10: SRH-Hochschule
Das Büro- und Geschäftshaus der Firma Pepper daneben am
Ernst-Reuter-Platz 9-10 wurde 1963 von Sobotka & Müller
gebaut. Darin ist seit 2002 die SRH
Hochschule Berlin untergebracht, eine private, staatlich
anerkannte Fachhochschule im Hochschulverbund der
“Stiftung Rehabilitation Heidelberg”. Hier werden
staatlich anerkannte Bachelor-Studiengänge der Fachrichtungen
“Wirtschaft – Business Administration” und
“Informations- und Kommunikationsmanagement”
angeboten, die jeweils nach drei Jahren mit einem Bachelor of
Arts (B.A.) abschließen. Der Wirtschaftsstudiengang kann
sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache, der
Masterstudiengang nur in englischer Sprache studiert werden.
Straße des 17. Juni 152: Architekturgebäude der
TU
Das Architekturgebäude der Technischen Universität wurde
1963-68 von Bernhard Hermkes gebaut, der dazugehörige Flachbau
von Hans Scharoun. Das Gebäude wurde von 1991 bis 93
asbestsaniert, und die Fassade wurde vollständig
erneuert.
Davor wurde 1963 die Skulptur “Flamme” von Bernhard
Heiliger aufgestellt. Sie ist dem Andenken Ernst Reuters
gewidmet.
Marchstraße
Die Marchstraße wurde bereits 1863 benannt nach dem Keramiker
und Tonwarenfabrikanten Ernst March, der von 1798 bis 1847
lebte. Er war Keramiker und Töpfermeister und gründete 1836
auf dem Gelände zwischen der heutigen Marchstraße, der
Straße des 17. Juni und dem Landwehrkanal, dem sogenannten
‘Thiergartenfeld’ die Tonwarenfabrik Ernst March
und Söhne. Wir werden jetzt mitten in dieses Gelände der
ehemaligen Tonwarenfabrik hineingehen.
TU-Campus hinter dem Architektur-Gebäude, Villa
Bell
Wir befinden uns hier auf dem Gelände der früheren
Tonwarenfabrik Ernst March und Söhne. Der Keramiker und
Töpfermeister Ernst March entwickelte seine Töpferei seit
1836 hier auf dem damaligen sogenannten
‘Thiergartenfeld’ zum bedeutendsten Unternehmen der
keramischen Industrie auf dem europäischen Kontinent. Er wurde
zum Tonwarenfabrikanten und produzierte alles, von Tonformen
für die Zuckerindustrie, Hartsteingut-Gebrauchsgeschirr über
Baukeramik, Wasserrohre, Schmuckfiguren, Garten-Vasen, Ziegeln
und Mosaiksteine bis zur Technischen Keramik, besonders für
die Chemische Industrie. Die Erzeugnisse der Tonwarenfabrik
March sind als Terrakotten, als Ornamente, Pilasterkapitelle,
Balustradenschmuck, Reliefs undsoweiter an vielen wichtigen
Berliner öffentlichen Gebäuden bis heute gut erhalten: zum
Beispiel am Roten Rathaus, am Martin Gropius Bau und an der
Friedrich Werderschen Kirche.
Nach dem frühen Tod des Gründers 1847 führte seine Witwe
Sophie March das Unternehmen bis zur Übergabe an die Söhne
Paul und Emil weiter und wurde eine der bedeutendsten
Unternehmerinnen des 19. Jahrhunderts – eine absolute
Ausnahmeerscheinung in der ansonsten männerdominierten
Industrie. Unter Pauls Sohn Albert fusionierte die Fabrik 1902
mit anderen Unternehmen der Branche zur “Vereinigten
Tonwarenwerke AG”, 1904 wurden die Fabrikationsanlagen
auf diesem Gelände aufgegeben, denn Charlottenburg hatte sich
zur Großstadt gewandelt, rund um die Fabrik waren immer mehr
Villen entstanden, und die Bewohner fühlten sich durch die
Fabrik gestört. Einer von ihnen war Nobelpreisträger Theodor
Mommsen, dessen Haus an der damas nach Sophie March benannten
Sophienstraße lag.
Atelier von Bruno Schmitz
Auch der bekannte Architekt Bruno Schmitz baute von 1904 bis
1906 hier an der Sohienstraße 11 sein Wohn- und Atelierhaus,
in der bis zu seinem Tod 1916 lebte und arbeitete.
Berühmt wurde er durch die von ihm geschaffenen Denkmäler:
das Kyffhäuserdenkmal in Thüringen, das
Kaiser-Wilhelm-Denkmal am Deutschen Eck am Zusammenfluss von
Rhein und Mosel in Koblenz, das Kaiser-Wilhlem-Denkmal an der
Porta Westfalica und das Völkerschlachtdenkmal in
Leipzig.
Das Wohn- und Atelierhaus hatte vier Stockwerke. In den beiden
oberen Etagen befanden sich ein großer Atelierraum, eine
Bibliothek und drei Zeichensäle.
Das Haus erregte als Teil einer Reihe von Einfamilienhäusern
in der Sophienstraße wegen seiner modernen Gestaltung mit
Jugendstilelementen und seiner geschickten Raumausnutzung das
Aufsehen der Architekturkritik.
Es wurde im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört und im Zuge
von Neubauten für die TU abgerissen.
1950 wurde die Sophienstraße umbenannt in Bellstraße nach dem
amerikanischen Erfinder Alexander Graham Bell. 1963 wurde die
Straße entwidmet und in den TU-Campus einbezogen.
Die Villa Bell ist die einzig übriggebliebene vom damaligen
Villenviertel. Sie besteht aus zwei aneinander gebauten
Häusern. Die anderen Häuser an der ehemaligen Sophienstraße
bzw. Bellstraße wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört und nach
dem Krieg abgerissen. Die Villa Bell dient der TU heute als
Kita, AStA-Büro und Café. Sie ist umgeben vom TU-Campus mit
den Instituten für Architektur, Heizungs- und Klimatechnik,
Luft- und Raumfahrt, Elektrotechnik, Nachrichtentechnik,
Wasserbau und Wasserwirtschaft und Mathematik.
Straße des 17. Juni, Weg zwischen den Hausnummern 144
und 152: Gedenktafeln Romano Guardini und Adolf
Slaby
Die beiden Berliner Gedenktafeln, Porzellantafeln der
KPM, wurden hier, an der Rückseite
des TU-Architektur-Gebäudes, am 7.Oktober 1988
enthüllt:
In dem hier vormals stehenden Hause
- Sophienstraße 4 -
wohnte der katholische Theologe und
Religionsphilosoph
ROMANO GUARDINI
17.2.1885- 1.10.1968
Professor für Religionsphilosophie und
christliche Weltanschauung in Berlin
Guardini gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der
katholischen Weltanschauung des 20. Jahrhunderts.
In dem hier vormals stehenden Hause
- Sophienstraße 4 -
lebte von 1885 bis 1913 der Pionier der Funktechnik
ADOLF SLABY
18.4.1849 – 6.4.1913
erster Professor der Elektrotechnik an der
Technischen Hochschule Charlottenburg
Mitbegründer der Telefunken AG
1883 wurde Slaby Professor an der TH. Berühmt wurde er hier für seine perfekt vorgetragenen Veranstaltungen. Slaby fand, dass die theoretischen Vorlesungen unbedingt mit Praktika verbunden werden sollten, was ihm die großzügige Unterstützung der Industrie ermöglichte: 1884 gründet er mit einem Kollegen ein Elektrotechnisches Laboratorium. So wurde Berlin zur bedeutendsten Ausbildungsstätte für die noch junge Elektrotechnik. Schließlich beschäftigte er sich mit Fragen der Funkübertragung und machte sie populär.
Technische Universität Berlin
Der Blick auf die Technische Universität zeigt uns eine
beeindruckende Mischung aus alt und neu. Der so genannte
Erweiterungsbau gleich neben dem Hochhaus für Berg- und
Hüttenwesen stammt ebenso aus dem 19. Jahrhundert wie die
beiden erhalten gebliebenen Seitenflügel des
Haupthauses.
Die TU ist aus verschiedenen Vorgängereinrichtungen
hervorgegangen: 1770 gründete Friedrich II die Bergakademie,
1799 wurde die Bauakademie gegründet und 1821 die
Gewerbeakademie. 1879 entstand schließlich durch die
Verschmelzung von Bau- und Gewerbeakademie die Königlich
Technische Hochschule. Sie wurde an die Peripherie der damals
selbständigen Stadt Charlottenburg verlagert.
Seit 1878 wurde das Hochschulviertel zwischen der
Hardenbergstraße und der heutigen Straße des 17. Juni (damals
Berliner Straße) schrittweise aufgebaut und erweitert, seit
1958 auch nördlich der Straße des 17. Juni.
1950 eröffnet die Technische Hochschule eine Humanistische
Fakultät und wurde damit zur Technischen Universität. Heute
ist sie die größte TU Deutschlands mit rund 30.000
Studentinnen und Studenten.
Das monumentale Hauptgebäude von 1878 wurde im Zweiten
Weltkrieg stark zerstört. 1965 errichtete Kurt Dübbers die
neue Hauptfront als aluminiumverkleideten zehngeschossigen
Neubau mit einem vorgelagerten fensterlosen Auditorium Maximum.
Straße des 17. Juni 124: Raumplastik
Die Raumplastik von Friedrich Gräsel wurde 1970 vor dem
Institut für Technische Chemie der Technischen Universität
Berlin aufgestellt. Es ist ein 4,5 Meter hohes Ensemble aus
drei roten, gleich großen hochgestellten Würfeln aus
Eternitrohren. Die Skulptur erinnert an bauliche
Installationen, aber auch an Pflanzen oder erhobene Fäuste.
Sie ist ein Beispiel für eine Kunstrichtung, die mit
Industrieprodukten arbeitet.
Straße des 17. Juni 135: Institut für
Chemie
Von den Ende des 19. Jahrhunderts errichteten Gebäuden ist vor
allem das ehemalige Chemische Laboratorium und heutige Institut
für Chemie im Stil Florentiner Palazzi bemerkenswert. Es steht
kurz vor dem Charlottenburger Tor an der Straße des 17. Juni
Ecke Fasanenstraße.
Charlottenburger Tor
Ursprünglich befand sich an dieser Stelle ein von August
Stüler 1857 erbautes Steuereinnahmehäuschen. Es wurde 1907
abgerissen. Das Tor wurde 1908 von Bernhard Schaede an der
damaligen Charlottenburger Chaussee als Stadteingang und
Pendant zum Brandenburger Tor erbaut. Es ist eine
kolonnadenartige Toranlage mit überlebensgroßen
Bronzestandbildern des Stadtgründers Friedrich I. mit Szepter
und Hermelin sowie Sophie Charlottes mit dem Modell des
Charlottenburger Schlosses von Heinrich Baucke.
1937 wurde das Tor im Zuge des Ausbaus der Ost-West-Verbindung
zur nationalsozialistischen Via Triumphalis von ursprünglich
20 Metern auf 34 Meter auseinandergerückt.
Von Ende 2004 bis zum Frühjahr 2007 wurde das Tor durch die
Stiftung Denkmalschutz Berlin aufwändig saniert und
restauriert.
2005 gründete sich ein Freundeskreis für das Charlottenburger
Tor, der 2007 im Keller des Tores ein Museum eröffnete, das
auf Schautafeln über die Geschichte des Tores informiert. Auch
der Aufstieg auf das mehr als 20 Meter hohe Plateau über 68
Stufen ist möglich.
Ebenfalls von der Stiftung Denkmalschutz Berlin wurden die
beiden 20 Meter hohen Kandelaber auf der Charlottenburger
Brücke gegenüber den Torflügeln mit den jeweils acht
Bogenlampen wiederhergestellt und das steinerne
Brückengeländer saniert. Die von Albert Speer entworfenen
Leuchten wurden auf der Brücke entfernt.
Damit wurde die gesamte Charlottenburger Brücke weitgehend
originalgetreu wiederhergestellt, wie man sie auf alten
Postkarten bewundern kann.
Die Grenze zum Bezirk Mitte verläuft hier von der
Fasanenstraße bis zur S-Bahn-Brücke südlich an der Straße
des 17. Juni entlang. Der Tiergarten liegt also vollständig im
Bezirk Mitte. Dazu gehört auch die Versuchsanstalt für
Wasserbau und Schiffsbau, die 1975-76 von Ludwig Leo gebaut
wurde. Die Bezirksgrenze bildet hier einen spitzen Winkel und
verläuft weiter entlang der Müller-Breslau-Straße.
Müller-Breslau-Straße
Die Müller-Breslau-Straße wurde 1967 benannt nach dem
Ingenieur Heinrich Müller-Breslau. Er wurde 1851 in Breslau
geboren, kam 1888 als Professor an die Technische Hochschule in
Charlottenburg und wurde später ihr Rektor. Er starb 1925 in
Berlin.
Fasanenstraße
Die Fasanenstraße verläuft von der Müller-Breslau-Straße
bis zum Hohenzollerndamm und erhielt ihren Namen bereits 1867.
König Friedrich II ließ hier 1755 einen königlichen
Fasanerie-Garten mit Gehege anlegen. Dieser musste 1841 dem
Zoologischen Garten Platz machen und wurde nach Potsdam
verlegt.
Fasanenstr. 1b: Musikhochschule
Die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst wurde
1898-1902 von Kayser & Großheim gebaut. Die Flügelbauten
wurden im Krieg zerstört. Heute ist die Hochschule Teil der
Universität der Künste.
Fasanenstr. 88:
Volkswagen-Universitätsbibliothek
Die gemeinsame Bibliothek von TU und UDK, wurde 2004 eröffnet. Architekten waren
Lothar Jeromin und Walter A. Noebel. Auf 5 Etagen mit etwa
30.000 qm können 3 Millionen Medien untergebracht werden. Bund
und TU bezahlten jeweils 25 Mio EUR,
VW 5 Mio EUR.
Zum Angebot gehören rund 2,7 Mio Bücher und Zeitschriften,
multimediale und digitale Medien sowie der umfangreichste und
historisch bedeutsamste Bestand an Notendrucken unter den
deutschen Musikhochschulbibliotheken. In den Lesesälen stehen
650 Plätze mit besten Voraussetzungen für die elektronische
Recherche zur Verfügung.
Fasanenstr. 87: Bundesamt,
Energie-Plus-Haus
1876 errichtete Gustav Voigtel auf diesem Gelände die
Königliche Artillerie- und Ingenieurschule. Sie wurde im
Zweiten Weltkrieg bei Luftangriffen schwer beschädigt. 1954-56
baute Hermann Fulge hier das Verwaltungsgebäude der
Sondervermögens- und Bauverwaltung des Senators für Finanzen.
1974 wurde davor die mehrteilige Skulptur Stadtzeichen von Otto
Herbert Hajek aufgestellt. 1998 zog das Bundesamt für Bauwesen
und Raumordnung ein.
2011 wurde auf dem Gelände ein Energie-Plus-Haus gebaut. Es
ist ein Prototyp mit 130 qm Wohnfläche. Es wurde am 7.12.2011
von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesbauminister Peter
Ramsauer eröffnet. Eine vierköpfige Test-Familie wohn für
ein Jahr in dem Haus und wird von der Fraunhofer-Gesellschaft
wissenschaftlich begleitet. Das Haus soll doppelt so viel
Energie erzeugen wie es verbraucht.
Mit dem überschüssigen Strom sollen Elektroautos vor der Tür
betankt werden. Gebaut wurde das Haus von dem Stuttgarter
Ingenieurbüro Werner Sobek, das einen Wettbewerb des
Bundesbauministeriums gewonnen hatte. Alle Außenwände wurden
mit Fotovoltaik-Modulen ausgestattet, die Wärmedämmung ist
hocheffizient, alle Elektrogeräte wurden nach ihrer
Sparsamkeit ausgewählt.
Hardenbergstr. Ecke Fasanenstraße:
Konzertsaal
Der Konzertsaal der Universität der Künste wurde 1949-54 von
Paul C. Baumgarten an Stelle des südlichen Flügels der
ehemaligen Hochschule für Musik errichtet. Hier spielten die
Philharmoniker unter Karajan bis zur Fertigstellung der
Philharmonie 1963. 1971-75 wurde in der Fasanenstraße eine
Studiobühne angebaut.
Auf dem Vorplatz wurde 1983 die Schwarze PVC-Skulptur von Hans Nagel aufgestellt. Nagel
konnte die Aufstellung seines Werkes nicht mehr erleben. Er
lebte von 1926 bis 1978. Die Plastik ist etwa 5 m lang, 5 m
breit und 3 m hoch. Schwarze PVC-Röhren und -quader sind in drei Gruppen
angeordnet und miteinander verbunden. Die gebündelten und sich
windenden Röhren bilden links ein Tor.
Hardenbergstraße 33: Universität der
Künste
Das Hauptgebäude der Universität der Künste wurde 1898-1902
von Kayser & von Großheim als neobarocker schlossartiger
Bau um ursprünglich vier Innenhöfe errichtet. Im hinteren
Teil gruppieren sich die Ateliers um einen großen Garten.
Unmittelbar danach ab 1902 errichtete Ludwig Hoffmann
Erweiterungsbauten für weitere Ateliers. Nach Kriegsschäden
kam es bis in die 1970er Jahre zu teilweise vereinfachten
Wiederaufbauten und Erweiterungsbauten.
Seit dem 1.11.2001 heißt die ehemalige Hochschule der Künste
Universität der Künste UdK.
Steinplatz
Der Steinplatz ist seit 1885 ein kleiner Schmuckplatz
gegenüber dem Hauptgebäude der Universität der Künste,
benannt nach Heinrich Friedrich Karl Freiherrn vom und zum
Stein. Der Platz wurde 1950 durch Joachim Kaiser neu gestaltet
mit Gehölzrahmen und Blumenrabatten.
Steinplatz: Gedenksteine
1951 wurde rechts, an der nordwestlichen Platzecke, ein
Gedenkstein für die Opfer des Stalinismus errichtet. Seither
wurden und werden vom Bezirksamt an entsprechenden Gedenktagen
Kränze zur Erinnerung an die Opfer der SED-Diktatur niedergelegt, also vor allem am 17.
Juni und am 13. August, dem Tag des Mauerbaus vor 50
Jahren.
1953 errichtete der Bund der Verfolgten des Naziregimes in
symmetrischer Anordnung zu diesem Gedenkstein links an der
südöstlichen Ecke einen Gedenkstein für die Opfer des
Nationalsozialismus. Er wurde gefügt aus
Muschelkalkquader-Steinen der zerstörten Synagoge in der
Fasanenstraße mit der Inschrift: “1933-1945 / Den Opfern
des Nationalsozialismus”; darüber ein dem
Dreieckszeichen der KZ-Häftlinge nachgebildetes Zeichen mit
den stilisierten, wie Flammen wirkenden Buchstaben
“KZ”. Es war das früheste West-Berliner Denkmal
für NS-Opfer.
Steinplatz 3: Gedenktafel für Bernhard
Weiß
Die Berliner Gedenktafel, eine Porzellantafel der KPM, für Bernhard Weiß am Haus Steinplatz 3
wurde am 11. Juli 2008 enthüllt. Sie enthält folgenden
Text:
“In diesem Haus lebte bis zum März 1933
BERNHARD WEISS 30.7.1880 – 29.7.1951
Jurist, Polizeivizepräsident in Berlin von 1927 bis 1932
Als Jude und Demokrat vom NS-Regime verfolgt
mußte er nach der Erstürmung seiner Wohnung durch die
SA
über Prag ins Londoner Exil fliehen
Kurz vor Wiedererlangung der ihm von den
Nationalsozialisten
aberkannten deutschen Staatsbürgerschaft
starb Bernhard Weiß in London”
Der damals sehr beliebte Vize-Polizeipräsident
“ViPoPrä” wurde vor allem vom Berliner Gauleiter
der NSDAP, Joseph Goebbels
systematisch als “Isidor Weiß” diffamiert und
attakiert.
Steinplatz 4: Hotel am Steinplatz
Das Jugendstilgebäude wurde 1908 von August Endell gebaut, dem
Architekten der Hackeschen Höfe. 1913 eröffnete Max
Zellermayer hier das “Hotel am Steinplatz”. Es war
ähnlich luxuriös wie das größere Adlon. Zu den Stammgästen
zählten in den 1920er Jahren vor allem russische Adelige, die
wegen der Oktoberrevolution aus ihrer Heimat geflohen waren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wohnten hier Prominente wie Yehudi
Menuhin, Romy Schneider und Günter Grass. In den 1970er Jahren
wurde das Haus zum Seniorenheim, später stand es zehn Jahre
lang leer und verfiel. Der Eigentümer, ein Geschäftsmann aus
Eberswalde, lässt es jetzt von der Architektin Claudia
Dressler restaurieren und modernisieren. Nach der
Fertigstellung soll es als Fünf-Sterne-Hotel mit 85 Zimmern
eröffnet werden, mit Spa im Dachgeschoss, einem Wintergarten
im Innenhof und gehobener Gastronomie im Erdgeschoss.
Uhlandstr. 6: Atelier Ernst Herter
Als sich der 1846 in Berlin geborene Ernst Herter 1899 hier ein
repräsentatives Wohngebäude mit rückwärtigem Atelierhaus
erbauen ließ, war er ein berühmter und erfolgreicher
Künstler. Er war Mitglied der Berliner Kunstakademie und
lehrte als Professor in der nahe gelegenen Hochschule der
Künste. Er hatte Denkmäler für Bismarck und Krupp
geschaffen, Skulpturen am Roten Rathaus, das Gefallenendenkmal
auf dem Spandauer Friedhof In den Kisseln, den Loreleybrunnen
als Heinrich-Heine-Denkmal in New York und mehrere Aufträge
für die österreichische Kaiserin Elisabeth (Sisi). Bis heute
faszinierend ist auch seine Bronzeskulptur “Ein seltener
Fang” im Viktoriapark in Kreuzberg am Fuß der
Kreuzberg-Kaskade.
Rechts neben der Villa wohnte Wilhelm von Bode. Ernst Herter
ließ sich sein Haus im italienischen Villenstil errichten. In
der Zeitschrift “Berliner Architekturwelt” hieß es
dazu:
“Um den Besitzer nach außen als Bildhauer zu
charakterisieren, wurde das Hauptgewicht auf einen figürlichen
Fries gelegt … Von Herter selbst modelliert und von R.
Schirmer in Kunstsandstein ausgeführt, stellt er die Arbeit
und die Erholung nach der Arbeit in Kunst und Wissenschaft
dar.”
Im Garten hinter dem Haus befand sich ein unterkellertes
Atelier. “Es ist mit einer Vorrichtung zum Versenken der
Modelle versehen, wodurch die Arbeit an hohen Bildwerken, wie
zum Beispiel Reitern, ohne Benutzung von Leitern ermöglicht
wird.”
Herter blieb nicht lange in seiner Künstlervilla wohnen. Wegen
Gehbeschwerden wurde ihm das vierstöckige Haus bald unbequem.
1913 verkaufte er es. Das Atelier vermietete er an seinen
Schüler Gustav Schmidt-Cassel, der vor allem mit Skulpturen
von Tänzern und Tänzerinnen bekannt wurde.
Die Villa Herter wurde 1959 zum Teil umgebaut, der wesentliche
Eindruck eines um 1900 entstandenen Künstlerhauses blieb aber
erhalten, etwa der Kinderfries an der Fassade. Das Atelier
wurde allerdings abgebrochen und das Relief
“Amazonenschlacht” im Foyer des Hauses eingemauert.
Bei einer Restaurierung 1984/85 wurde es wieder freigelegt.
Kantstr. 17-20 (Ecke Uhlandstraße):
Stilwerk
Das Stilwerk wurde 1998/99 von den Architekten Novotny und
Mähner aus Mailand gebaut. Das Geschäftshaus enthält auf
20.000 Quadratmetern verschiedene Einrichtungs- und
Designergeschäfte von gehobenem Standard. Der Neubau wurde an
Stelle des Hauptverwaltungsgebäudes der Dresdner Bank
errichtet. Die Tresoranlagen der Bank im Untergeschoss mussten
erhalten bleiben, weil die Laufzeit der Schließfächer noch
nicht abgelaufen war. Aus statischen Gründen musste darüber
das gläserne, abgerundete Eingangsfoyer auf zwei seitwärts
gebauten Säulen aufgehängt werden.
Kantstr. 155: KapHag-Hochhaus
1992-95 baute Josef Paul Kleihues das KapHag-Hochhaus, ein
elfgeschossiges 54 m hohes Bürohaus als Firmenzentrale der
KapHag Immobilien GmbH, die Büro- und Geschäftshäuser und
Gewerbezentren entwickelt und verwaltet. Das große beweglich
gelagerte Windsegel setzt ein markantes Zeichen. Das Haus wurde
1994 mit dem Preis des Bundes Deutscher Architekten
ausgezeichnet. Im Keller wurde Ende 2006 der Cascade-Club
eröffnet – mit einer rauschenden Wasserkaskade an der
Fasanenstraße.
Kantstr. 159: Studienateliers für Malerei und
Plastik
Der Bildhauer Arthur Lewin-Funcke, der bei Ernst Herter
studiert hatte, lernte bei einem Aufenthalt in Paris 1900-1901
die freie Aktmalerei kennen und richtete nach seiner Rückkehr
1901 an der Kantstraße 159 zwischen S-Bahn und Joachimstaler
Straße in einem Gartenhaus die privaten Studienateliers für
Malerei und Plastik ein. Das rief allerdings die Polizei auf
den Plan. Die “Berliner Illustrirte Zeitung”
berichtete am 3. Mai 1903: “Im vergangenen Jahre hatte
das Polizeiverbot gegen das Zusammenarbeiten von Künstlern und
Künstlerinnen vor dem Aktmodell, das in den Studien-Ateliers
geübt wurde, Aufsehen in der Berliner Künstlerwelt gemacht.
Die Polizei holte ein Gutachten des Senats der Künste ein, das
günstig lautete. Daraufhin wurde das Verbot
zurückgezogen.”
Der Leiter der Schule, Arthur Lewin-Funcke, lehrte Modellieren
und Anatomie am lebenden Modell. Die meisten anderen Lehrer
gehörten der Berliner Secession an, darunter Lovis Corinth,
Hans Baluschek und Ludwig Meidner. Die Steinbildhauerei wurde
kurzfristig von Max Kruse gelehrt, der hier im Künstlerhaus
St. Lukas wohnte und arbeitete. Die Studienateliers waren bis
1935 aktiv. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde an der Stelle ein
Bilka-Kaufhaus errichtet.
Lotte-Lenya-Bogen
Der Lotte-Lenya-Bogen wurde 1999 nach der österreichischen
Sängerin und Schauspielerin benannt. Sie kam Anfang der 1920er
Jahre nach Berlin und lernte hier Kurt Weill kennen, den sie
1925 heiratete. 1928 spielte und sang sie in der Uraufführung
der Dreigroschenoper die Seeräuber-Jenny, die über Jahrzehnte
ihre Paraderolle blieb.
Fasanenstr. 13: Künstlerhaus St. Lukas
Der Architekt des Theaters des Westens, Bernhard Sehring, baute
1889/90 hier an der Fasanenstraße 13 das Künstlerhaus St.
Lukas als Wohn- und Atelierhaus. Es gilt als herausragendes
Beispiel für den Historismus der Jahrhundertwende. In dem
romantischen Backsteinbau sollten Künstler zusammen leben und
arbeiten.
Sehring schmückte das Haus mit Türmchen und Erkern, mit
Skulpturen und Reliefs, richtete im Erdgeschoss
Bildhauerateliers und unter dem Dach Malerwerkstätten ein. Auf
einem Wandrelief im malerischen Brunnenhof sieht man ihn in
Ritterrüstung mit dem Modell des Künstlerhauses in der Hand.
Neben dem Eingangstor ist der Maler Tizian zu sehen.
Namensgeber ist der Heilige Lukas, Schutzpatron der Maler und
Ärzte.
Zu den Künstlern, die seinerzeit hier einzogen, gehörte
Sehring selbst, der Bildhauer Max Kruse und seine Frau Käthe
Kruse, die als Puppenmacherin berühmt wurde, der Bildhauer
Ludwig Manzel, der von 1912 bis 1918 Präsident der
Kundakademie war, Ernst Barlach, Milly Steger und viele andere
Künstlerinnen und Künstler.
Das Haus wurde 1987 restauriert und mit der
Ferdinand-von-Quast-Medaille für vorbildliche denkmalgerechte
Instandsetzung ausgezeichnet.
Jetzt residieren hier unter anderem die Galerie Springer und
der Bildhauer Bernhard Lankers mit seinem Atelier.
Fasanenstr. 79/80 Jüdisches
Gemeindehaus
1910-1912 baute Ehrenfried Hessel hier die große Synagoge der
Jüdischen Gemeinde Charlottenburg als dreischiffigen
Monumentalbau mit drei Kuppeln und Tonnengewölbe. Stilistisch
orientierte sich das Haus an frühchristlich-byzantinischen
Kirchenbauten. Die Synagoge bot 2.000 Menschen Platz. Sie wurde
am 26.8.1912 eingeweiht. Es war die erste große Synagoge
außerhalb des alten Berlins. Sie kündete vom
Selbstbewusstsein des liberalen jüdischen Bürgertums: Nicht
mehr versteckt im Hinterhof wie noch die wenige Jahre zuvor
geweihte Synagoge in der Rykestraße, sondern als sichtbares
Zeichen im Stadtbild. Von 1912 bis 1938 war Julius Galliner
(1872-1949) Gemeinderabbiner.
In der Pogromnacht vom 9. November 1938 wurde die Synagoge
angezündet und brannte aus. Weitere Zerstörungen folgten im
Krieg.
1957/58 wurde die Ruine abgerissen. An ihrer Stelle bauten
Dieter Knoblauch und Hans Heise 1958-60 das Jüdische
Gemeindehaus. Es ist eine kreuzförmige Anlage mit einem
Saalbau und einem langgestrecktem Verwaltungstrakt. Der Saalbau
erinnert mit drei Oberlichtkuppeln an die zerstörte Synagoge.
Das Portal vor der fensterlosen Saalwand enthält Reste der
alten Portalbekrönung der Synagoge. Im Vorhof wurde 1987 ein
Mahnmal von Richard Hess in Form einer stilisierten Torarolle
aufgestellt. Im Innenhof trägt eine Gedenkwand die Namen von
22 Ghettos, Internierungs-, Konzentrations- und
Vernichtungslagern, davor brennt eine Ewige Flamme.
Im Juli 2006 verlegte die Jüdische Gemeinde ihren Sitz
vollständig in das Centrum Judaicum an der Oranienburger
Straße im Bezirk Mitte. Das Gemeindehaus wurde zur Filiale.
Fasanenstr. 76-78: Villa Ilse
Leopold Ilse ließ 1872-1874 von H. Sobotto eine Villa im
italienischen Villenstil mit zurückgesetztem zweitem Geschoss
bauen. Wolf-Rüdiger Borchardt baute sie 1991-93 für das
Bankhaus Löbbecke zu einem Kundenzentrum um und errichtete
einige Meter südlich zwei neue, 7geschossige Gebäude, das
“Steinhaus” und dahinter das gerundete
“Glashaus”, das mit seinen Simsen und Balkonen an
die Architektur der 1920er Jahre erinnert. Zwischen den beiden
Neubauten und der Villa liegt eine kleine Piazza mit einem
Brunnen. Die Künstlerin Mona Fux hat eine kleine gerundete und
geschwungene Verbindungsbrücke zwischen dem Glashaus und der
Villa geschaffen. In einem Turm auf dem Dach der Villa befindet
sich ein kleines Glockenspiel. 2006 hat die Bankhaus Löbbecke
AG ihren Hauptsitz in Berlin von der Fasanenstraße in die
Behrenstraße 36, 10117 Berlin verlegt. Wie Sie sehen können,
steht die Villa jetzt zum Verkauf.
Fasanenstraße 19 Ecke Kurfürstendamm 27
Kempinski
1872 eröffnete Berthold Kempinski an der Friedrichstraße Ecke
Taubenstraße eine Weinhandlung mit angeschlossener
Probierstube. 1928 kam hier als Filiale ein Groß-Restaurant
dazu. “Kempinski am Kurfürstendamm” war ein nobel
ausgestattetes Speiserestaurant mit zivilen Preisen, in dem
täglich 2000 Gäste bewirtet wurden. Berthold Kempinski hatte
die Idee der halben Portionen zu halbem Preis, einer
“Sozialisierung des Luxus”, die er in seinen
zahlreichen Lokalen verwirklichte.
1937 wurden die jüdischen Besitzer enteignet und das Haus ging
in sogenannten “arischen” Besitz über. Der
populäre Name wurde nicht geändert.
Das heutige Hotel wurde 1951/52 von Paul Schwebes unter
Beibehaltung der “runden Ecke”, die der
historischen Bebauung entspricht, erbaut. Am 29.7.1952 wurde es
als erstes neuerbautes Hotel in Berlin nach dem Krieg
eröffnet.
Zu den prominenten Gästen gehören seitdem Sophia Loren, der
Dalai Lama, Michael Gorbatschow, Mick Jagger und Fidel
Castro.
1994 hat Fritz Teppich, ein Nachkomme der Familie Kempinski
durchgesetzt, dass an dem Hotel eine Gedenktafel angebracht
wurde. Die Messingtafel ist links neben dem Eingang zu
sehen:
HIER STAND
SEIT 1928 EIN KEMPINSKI-RESTAURANT.
ES WAR EIN
WELTWEIT BEKANNTES SYMBOL
BERLINER GASTLICHKEIT.
WEIL DIE
BESITZER JUDEN WAREN,
WURDE DIESE
BERÜHMTE GASTSTÄTTE 1937 “ARISIERT”,
UNTER ZWANG
VERKAUFT.
ANGEHÖRIGE DER FAMILIE
KEMPINSKI WURDEN UMGEBRACHT,
ANDERE KONNTEN FLIEHEN.
DAS 1952 ERÖFFNETE BRISTOL
HOTEL KEMPINSKI
MÖCHTE, DASS DAS SCHICKSAL DER
GRÜNDERFAMILIE
NICHT VERGESSEN WIRD
Kurfürstendamm 217 (Ecke Fasanenstraße): Ehem.
Astor-Kino
Diagonal gegenüber dem Kempinski befand sich von 1921 bis 1928
die Nelson-Revue. Der überaus populäre Komponist und
Theatermann Rudolf Nelson zeigte hier seine Revuen mit moderner
Unterhaltungsmusik und geistvollen literarischen Texten von
Walter Mehring, Kurt Tucholsky und anderen. 1926 trat hier
Josephine Baker erstmals in Berlin auf. Nelson emigrierte 1933
über Zürich nach Amsterdam. Die Revue wurde von den
Nationalsozialisten geschlossen und 1934 zum Astor-Kino
umgebaut. Das Astor-Kino musste nach durchgehendem Kinobetrieb
seit 1934 im Jahr 2002 wegen erhöhter Mietforderungen
schließen. Seither befindet sich hier ein Modegeschäft.
Kurfürstendamm 215: Gedenktafeln für Max
Herrmann-Neiße und Gerd Rosen
Neben dem Eingang zu dem Haus am Kurfürstendamm 215 befindet
sich in fast 4 Metern Höhe eine Bronzetafel mit folgendem
Text:
IN DIESEM HAUSE
WOHNTE
DER DICHTER
MAX HERRMANN-NEISSE
1886 NEISSE
1941 LONDON
1986 wurde am gleichen Haus eine weitere Bronzetafel enthüllt
mit dem Text:
“1903 – 1961
GERD ROSEN
ARBEITETE IN DIESEM HAUSE
VON 1945 BIS 1961”
Der Buchhändler Gerd Rosen gründete hier gemeinsam mit
Ilse-Margret Vogel unmittelbar nach dem Krieg die erste
Nachkriegs-Galerie Deutschlands. Sie wurde am 9. August 1945
mit den Werken von Künstlern eröffnet, die kurz zuvor noch
als “entartet” gegolten hatten, darunter auch
Jeanne Mammen und Hannah Höch. Bis 1949 blieb die Galerie hier
am Kurfürstendamm. Dann zog sie um in die Hardenbergstraße 7.
Allerdings blieb hier ein Graphisches Kabinett erhalten. Bis
1962 war die Galerie Rosen in Berlin ein Inbegriff für die
Kunst der Moderne, die Avantgarde des 20. Jahrhunderts.
Kurfürstendamm 29: Gedenktafel und Atelier Jeanne
Mammen
Die Berliner Gedenktafel wurde am 11.3.1995 enthüllt:
Hier – im IV. Stock des Hinterhauses -
lebte und arbeitete in ihrem Atelier
von 1919 bis 1976 die Malerin und Grafikerin
JEANNE MAMMEN
21.11.1890-22.4.1976
Im Mittelpunkt ihres Schaffens standen die
realistischen Schilderungen aus dem Berliner
Großstadtleben der zwanziger Jahre
Jeanne Mammen wurde 1890 als jüngste Tochter einer
wohlhabenden Fabrikantenfamilie in Berlin geboren. Ihre
Kindheit verbrachte sie in Paris, wo ihre Eltern sich 1895
niedergelassen hatten. Sie studierte Kunst in Paris, Brüssel
und Rom. 1915 kam sie völlig mittellos nach Berlin und schlug
sich als Graphikerin mit Gelegenheitsjobs durch.
Aber in den 20er Jahren wurden ihre gesellschaftskritischen
Zeichnungen und Aquarelle anerkannt und brachten ihr Erfolg.
Mit manchmal sarkastischem Humor porträtierte sie das Berliner
Großstadtleben der 20er Jahre für satirische Zeitschriften.
1933 ging Jeanne Mammen in die innere Emigration, konnte kaum
noch publizieren und wechselte von ihrem sozialkritischen
Realismus zu einem kubistisch-expressionistischen Stil, der im
Nationalsozialismus verpönt war. Nach dem Zweiten Weltkrieg
experimentierte sie mit lyrischen Abstraktionen,
Glanzpapier-Collagen und sogenannten numinosen Bildern.
In ihrem Atelier hier am Kurfürstendamm arbeitete die
Einzelgängerin zurückgezogen fast 57 Jahre bis zum ihrem Tod
am 22.4.1976. Das Atelier kann auch heute noch nach
individueller Vereinbarung besichtigt werden. 1997 hat ihr die
Berlinische Galerie eine umfassende Retrospektive gewidmet.