Stolperstein Bundesallee 48

Hausansicht Bundesallee 48

Dieser Stolperstein wurde am 07.06.2017 verlegt.

Stolperstein Käthe Spanier

HIER WOHNTE
KÄTHE SPANIER
GEB. TEPPICH
JG. 1903
DEPORTIERT 28.9.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Elly Käthe Teppich wurde am 20. Juni 1903 in Berlin geboren; ihre Eltern waren der Prokurist Berthold und seine Frau Anna Teppich, geborene Israel. Die Familie wohnte in der Magdeburger Straße 25 (heute: Kluckstraße). Später zog sie wenige Straßen weiter zum Lützowufer 5. Käthes Familie mütterlicherseits war offenbar eine erfolgreiche Kaufmannsfamilie; in verschiedenen Urkunden wurden der Kaufmann Karl Israel und der Kaufmann Simon Israel erwähnt, auch führte ihr Onkel ein Pelzwarengeschäft.

Kurz vor ihrem 20. Geburtstag heiratete Käthe am 14. Juni 1923 den 33-jährigen Fabrikanten Hugo Schwab (geboren 1890 in Mannheim), wohnhaft in der Potsdamer Straße 2, und am 1. Mai 1924 wurde ihre gemeinsame Tochter Lilli geboren.

Hugo Schwab war ein erfolgreicher Kaufmann, der 1917 zusammen mit seinem Kompagnon Otto Trinks die Schraubenfabrik O. Trinks & Co. gegründet hatte, die sich bald auf die Herstellung von Flug- und Fahrzeugteilen ausweitete; bis 1931 wurden im Handelsregister auch die Möbelfabrik Georg Fisch & Co und die „Normen Lager Gesellschaft“ in der Chausseestraße 88 erwähnt.

Die Ehe hielt nicht, sie wurde viereinhalb Jahre später im Januar 1928 wieder geschieden. Am 26. Oktober 1928 heiratete Käthe, inzwischen 25 Jahre alt und wohnhaft in der Lessingstraße 5, den fast doppelt so alten Architekten Simon Fritz Spanier. Fritz war 1881 in Berlin geboren und lebte als Architekt in der Schöneberger Maaßenstraße 12. Wie Käthe war er bereits zuvor verheiratet gewesen und hatte aus dieser Ehe einen Sohn, Claus Emil Spanier, mitgebracht. Und auch er kam aus einer erfolgreichen Kaufmannsfamilie und führte mit seinem ein Jahr älteren Bruder Willy eine „Fabrik für Geschäftseinrichtungen und moderne Ladenfronten“, so der Eintrag im Adressbuch bis 1931.

Nach nur acht Jahren starb Fritz Spanier am 20. Januar 1937. Käthe war auf sich alleine gestellt. Für eine Weile ging es ihr wirtschaftlich weiterhin gut – sie arbeitete als „Vorführdame“ (Mannequin) und Einrichterin im Pelzwarengeschäft Westmann, das ihrem Onkel gehörte, und verdiente dort 400 Reichsmark im Monat. Ihre Wohnungen (zuerst in der Hohenstaufenstr. 49, später in der Kaiserallee (heute: Bundesallee) 48) waren „gutbürgerlich“ eingerichtet.

Doch die Ausgrenzung und Verfolgung der Juden und Jüdinnen in Berlin durch die Nazis verschärfte sich mit jedem Jahr. 1938 verlor Käthe ihre Anstellung bei Westmann (vermutlich, weil das Geschäft „arisiert“ worden war), und sie musste ihre Wohnungseinrichtung mit etwa 1200 Reichsmark weit unter Wert verkaufen. Ihre Tochter Lilli erinnerte sich, dass Käthe auch einen wertvollen Persianermantel verschleudern musste, und schrieb später: „Ich kann mich nicht erinnern, welchen Preis sie für den Mantel erzielte, nur noch, dass meine Mutter sehr deprimiert über die Niedrigkeit der Summe war.“ Käthes letzte Wohnung war ein Zimmer zur Untermiete in der Uhlandstr. 162, c/o Schlochauer.

Im selben Jahr 1938 emigrierte Käthes Ex-Mann Hugo Schwab nach England, ihre gemeinsame Tochter Lilli folgte ihm am 1. Mai 1939, an ihrem 15. Geburtstag. Sie erreichte mit dem Kindertransport Liverpool und gelangte von dort zu ihrem Vater nach Cardiff. Später zog sie mit ihm nach Maidenhead in der Nähe von London. Sie erlernte dort ab 1942 den Beruf der Krankenpflegerin im St. Charles Hospital in London und emigrierte schließlich nach Kanada. Auch ihrem Vater gelang der Aufbau eines neuen, erfolgreichen Lebens: Er heiratete, gründete eine Fabrik, die Flugzeugteile für die Royal Air Force herstellte, und stiftete 1962 seiner Gemeinde als Dank für seine damalige freundliche Aufnahme in England eine Einrichtung zur Förderung benachteiligter und behinderter Kinder.

Käthe hingegen gelang die Flucht nicht. Am 28. September 1943 wurde sie mit dem „43. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Recherche und Text: Katrin Schwenk
Stolpersteininitiative Charlottenburg-Wilmersdorf

Quellen:
Entschädigungsamt Berlin, Akte Käthe Elly Spanier
Landesarchiv Berlin, Geburts- und Heiratsurkunden
Arolsen Archives
Adressbücher des Landes Berlin
Myheritage.de (https://www.myheritage.de/names/fritz_spanier)
https://www.mencapmaidenhead.co.uk/About-Highview.htm