Stolpersteine Marburger Straße 8

Hausansicht Marburger Str.

Diese Stolpersteine sind von Florence Moehl (Berlin) gespendet und am 14.4.2015 in ihrer und in Anwesenheit der Nachlassverwalterin der Familie Aufrichtig, Carole Schmitt, verlegt worden.

Die Stolpersteine für Else, Stefanie und Margarete Aufrichtig wurden am Zugang zum Hotel Steigenberger verlegt, weil das Haus Marburger Straße 8, wo sie zuletzt gelebt hatten, abgerissen wurde – dort befindet sich jetzt der Los-Angeles-Platz.

Stolperstein Else Aufrichtig

HIER WOHNTE
ELSE
AUFRICHTIG
GEB. LÖWY
JG. 1873
DEPORTIERT 6.8.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 28.7.1943

Stolperstein Stefanie Aufrichtig

HIER WOHNTE
STEFANIE
AUFRICHTIG
JG. 1899
DEPORTIERT 26.9.1942
RAASIKU
1944 STUTTHOF
ERMORDET 27.11.1944

Stolperstein Margarete Aufrichtig

HIER WOHNTE
MARGARETE
AUFRICHTIG
JG. 1901
DEPORTIERT 12.1.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Else Ernestine Aufrichtig geb. Löwy wurde am 22. September 1873 in Berlin geboren. Ihr Vater war Simon Löwy, ihre Mutter hieß Fanny Sachs.
Sie war verheiratet mit dem Kaufmann Viktor Aufrichtig aus Teplitz, damals Österreich-Ungarn, heute Teplice/Tschechien. Dort wurden 1899 Stefanie und 1901 die Zwillinge Hans und Margarete geboren.

Else Aufrichtig mit ihren Kindern Hans, Margarete und Stefanie um 1904

Else Aufrichtig mit ihren Kindern Hans, Margarete und Stefanie um 1904

Als Leiter verschiedener Warenhäuser kam Viktor Aufrichtig 1910 mit seiner Familie nach Deutschland – Bielefeld, Essen und Karlsruhe. Er starb 1933. Nach 1933 wurden die Aufrichtigs als Juden im nationalsozialistischen Deutschland entrechtet. Berufsverbot, Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Not waren die Folge.

Hans, Journalist, emigrierte 1938 mit seiner Ehefrau, der Schriftstellerin, Malerin und Schauspielerin Käthe Schröder nach Italien, wo sie Verfolgung, Internierung und Flucht überlebten. Die unverheirateten Schwestern Stefanie und Margarete, Buchhalterinnen, Stenotypistin und Fremdsprachensekretärin, zogen mit ihrer Mutter nach Berlin in der Hoffnung, dort in ihrem Beruf noch arbeiten zu können. Sie fanden jedoch nur noch unqualifizierte Gelegenheitsarbeiten und wurden in der Zeit vor der Deportation zu Zwangsarbeit gezwungen.

Else Aufrichtig wurde am 6. August 1942 zusammen mit 100 Juden vom Anhalter Bahnhof nach Theresienstadt deportiert. Dort kam sie am 28. Juli 1943 ums Leben. Als Todesursachen wurden Darmverschluss, Darmkatarrh und Herzschwäche angegeben – typische Umschreibungen für Mangelernährung, die fürchterlichen hygienischen Zustände im Konzentrationslager und die dürftige medizinische Versorgung. Der Totenschein ist in der Opferdatenbank von Theresienstadt aufbewahrt.

Stefanie und Margarete Aufrichtig

Stefanie Aufrichtig wurde am 9. Juli 1899 in Teplitz (Teplice) geboren. Sie war die Tochter von Viktor und Else Aufrichtig geb. Löwy. 1901 wurde noch ein Zwillingspärchen – Hans und Margarete – geboren. Sie war unverheiratet, Buchhalterin und Stenotypistin.

Am 26. September 1942 wurde sie mit 1048 Frankfurter und Berliner Juden vom Verladebahnhof Moabit nach Raasiku in Estland deportiert, wo sie als eine der wenigen nicht sofort ermordet, sondern für Zwangsarbeit selektiert wurde. Beim Nahen der Roten Armee wurde sie im August 1944 in das KZ Stutthof bei Danzig verschleppt. Dort wurde sie am 27. November 1944 ermordet.

Margarete Aufrichtig wurde am 19. Februar 1901 in Teplitz (Teplice) geboren. Sie war die Schwester von Stefanie Aufrichtig, geboren am 9. Juli 1899, und die Zwillingsschwester von Hans Aufrichtig. Die Eltern waren Viktor und Else Aufrichtig, die mit ihrer Familie 1910 nach Deutschland kamen. Die unverheiratete Margarete war Buchhalterin und wie ihre Schwester Stefanie Stenotypistin.

Ihrem Zwillingsbruder Hans gelang 1938 mit seiner Frau Käthe Schröder die Flucht aus Deutschland über Italien, wo er bis 1944 inhaftiert war, nach Palästina. Am 12. Januar 1943 wurde Margarete Aufrichtig zusammen mit 1196 Berliner Juden in einem Zug, der am berüchtigten Gleis 17 des Bahnhofs Grunewald abfuhr, nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Im April 1942 wurden bei den Aufrichtigs in der Marburger Straße 8 Karl-Heinz und Ursula Schlesinger mit ihren beiden Kindern, Tana, 1½ Jahre, und der neugeborenen Reha zwangsweise einquartiert. Die Familie Schlesinger wurde zusammen mit Margarete Aufrichtig am 12. Januar 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Für sie sind in der Giesebrechtstraße 18 – ihrem letzten frei gewählten Wohnsitz – vier Stolpersteine verlegt worden

Text: Florence Springer Moehl.
Quellen: Bundesarchiv; Entschädigungsamt; Familienarchiv.