Stolperstein Güntzelstraße 19/20

Hauseingang Güntzelstr. 19

Hauseingang Güntzelstr. 19

Der Stolperstein für Selma Jacobi wurde am 9. April 2010 verlegt.
Im März 2014 wurde in den Medien kontrovers über die Absicht der Schauspielerin Margarita Broich diskutiert, die neue Frankfurter Tatort-Kommissarin “Selma Jacobi” zu nennen, um damit ein Millionenpublikum an die ermordete Jüdin zu erinnern. Gunter Demnig und die Jüdische Gemeinde zu Berlin äußerten sich kritisch dazu. Daraufhin machte der Hessische Rundfunk die Entscheidung rückgängig und wählte einen anderen Namen für die Kommissarin.

Stolperstein für Selma Jacobi

Stolperstein für Selma Jacobi

HIER WOHNTE
SELMA JACOBI
GEB. BORN
JG. 1854
DEPORTIERT 17.3.1943
THERESIENSTADT
ERMORDET 8.8.1943

Selma Jacobi, geb. Born, wurde am 20. August 1854 in Görlitz (Gorlice) in Schlesien geboren. Ihr Vater war Markus Born, ihre Mutter Fanny Epstein. Am 18. September 1883 heiratete sie Josef Jacobi in Breslau/Schlesien, der dort als Arzt niedergelassen war und die Professur für Staatsarzneikunde an der dortigen Universität innehatte.

Sie war die Tante von Max Born, der in Anerkennung seiner Forschung im Bereich der Quantenphysik im Jahre 1954 den Nobelpreis für Physik erhielt.

Bei der Volkszählung am 17. Mai 1939 wohnte sie in der Güntzelstrasse 19, dem letzten Wohnort bis zu ihrer Deportation. Zuvor hatte sie noch in der Badenschen Strasse 38 gewohnt (Adressbuch Berlin 1923 bis 1935). Ihr Ehemann, der Arzt Dr. Josef Jacobi, war bereits 1907 verstorben.

Das Ehepaar Jacobi hatte drei Kinder – Fritz, Salema und Henrietta. Über die beiden Töchter war nichts herauszufinden. Sohn Fritz, geb. am 14. Januar 1902 in Berlin, verstorben am 29. September 1991 in Leeds, studierte ab 1920 Medizin und arbeitete am Rudolf-Virchow- sowie am Urban-Krankenhaus in Berlin. 1933 wurde er wegen seiner jüdischen Abstammung aus dem Staatsdienst entfernt, floh nach Großbritannien und arbeitete u. a. an der Cambridge University.

Selma Jacobi wurde am 17. März 1943 im Alter von fast 90 Jahren vom Güterbahnhof Moabit aus in einem mit 1285 Menschen besetzten Zug in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Sie war dort in der Lange Straße 11 untergebracht, wo ein Altersheim sowie ein Hilfskrankenhaus standen. Theresienstadt war auch ihr Todesort. Das Todesdatum war der 8. August 1943. Selma Jacobi sei an “Altersschwäche“ und „Darmkatarrh“ gestorben, hieß es in der Todesfallanzeige.

Zum Zeitpunkt ihres Todes war ein Neffe, der ebenfalls aus Berlin nach Theresienstadt deportierte Staatsanwalt a.D. und Rechtsanwalt Dr. Max Jacobi, geboren am 12. Mai 1878 in Insterburg (Ostpreußen), noch am Leben. Er wurde fünf Tage nach ihr, am 13. August 1943, ermordet. Für ihn und seine Frau Erna, geb. Jacoby, liegen Stolpersteine vor dem Haus Rieppelstraße 2 in Spandau-Siemensstadt.

Text: Stolpersteine-Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf, ergänzt von Dr. Wolf Michel

Quellen:
- Bundesarchiv
- Adressbuch Berlin
- Archiv Theresienstadt
- Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts, Berlin Wien 1901, p. 809