Offener Brief von Dr. Helga Frisch Bürgerprotest gegen die Schließung des Fernbahnhofs Zoo

Bürgerprotest gegen die Schließung
des Fernbahnhofs Zoo
Dr. Helga Frisch

Liebe Berlinerinnen und Berliner,

am 28. Mai wurde der Bahnhof Zoo für den Fernverkehr dicht gemacht. Angeblich will die Bahn damit 3-4 Minuten Fahrzeit einsparen. Aber die Fahrt der Fernzüge in Ost-West-Richtung dauert ohne den Halt am Zoo länger als vorher. Es geht also nicht um die Zeit, sondern um die Vermarktung der Läden im neuen Hauptbahnhof, die Konkurrenz in der westlichen City soll wegfallen.

Niemand hat etwas gegen den neuen Hauptbahnhof. Aber warum müssen ca. 10.000 Bahnreisende täglich aus dem Westen der Stadt erst nach Osten fahren, um dann auf der Stadtbahn am Zoo vorbei ohne Halt wieder nach Westen zu fahren? Das ist eine absurde Verschlechterung der Anreisebedingungen für ca. 1,5 Millionen Berliner, ebenso wie für viele Touristen, Messe- und Kongressbesucher, Geschäftsreisende und Fußballfans.

Am Bahnhof Zoo fahren 23 Busse, 2 U-Bahnlinien und 5 S-Bahnlinien, am Hauptbahnhof gibt es keine U-Bahn, keine Straßenbahn, keine S-Bahn nach Norden und Süden, nur wenige Buslinien, kaum eine in den Westen der Stadt. Ohne mühsames Umsteigen kommt niemand zum Bahnhof. Das kostet jeden zwischen 30 und 60 Minuten mehr Zeit bei der Anreise zum Bahnhof. Außerdem braucht man am Hauptbahnhof 10-15 Minuten länger zum Zug als vorher am Bahnhof Zoo.

Kann die Bahn eigentlich mit ihren Kunden machen was sie will? Darf sie Steuergelder in Milliardenhöhe ausgeben, um den Bahnreisenden das Leben schwer zu machen und ihnen zeitraubende Umwege zuzumuten? Ursprünglich war zwischen der Bahn und dem Senat ein Bahnkonzept vereinbart, in dem der Fernbahnhof Zoo enthalten war. Dafür wurden von der Bundesregierung und dem Parlament mehr als 10 Milliarden Euro bewilligt. Vor einem Jahr hat Bahnchef Mehdorn dann mitgeteilt, dass diese Pläne nicht mehr gelten und der Bahnhof Zoo für den Fernverkehr geschlossen werden sollte. Die Bahn hat 10 Milliarden Steuergelder ausgegeben und dann alle Absprachen mit dem Senat und der Bundesregierung gebrochen.

Die Empörung über dieses Vorgehen in Berlin war und ist groß. Aber als der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit zur geplanten Schließung des Fernbahnhofs Zoo befragt wurde, antwortete er in einem Interview: “Ich habe Bahnchef Mehdorn gefragt, ob nicht der eine oder andere Zug noch am Bahnhof Zoo halten kann. Dies verneinte die Bahn. Man muss schließlich auch die Bahn verstehen. Sie hat nicht Milliarden investiert, um dann alles so zu lassen, wie es war. Das muss ich akzeptieren.” (Die Welt vom 01.07.05)

Kurz darauf hieß es: “Der Regierende Bürgermeister sieht keine Chancen mehr, den Bahnhof Zoo als Station für den Fernverkehr zu erhalten. Am 24. Juni traf er sich mit Hartmut Mehdorn. Von beiden Seiten wurde über den Inhalt, der als vertraulich eingestuften Unterredung, keine Angaben gemacht. Jetzt äußerte der Regierende Bürgermeister … es mache keinen Sinn, sich in der Angelegenheit zu verkämpfen.” (Tagesspiegel vom 05.07.05) “Verkämpfen” kann sich ja wohl nur derjenige, der überhaupt angefangen hat zu kämpfen, und darauf warten wir bis heute immer noch! Dass es auch anders geht, zeigt der Ortsverein seiner Partei in Charlottenburg-Wilmersdorf und die engagierte Bürgermeisterin Monika Thiemen, die sich mit voller Kraft dafür einsetzen, dass der Fernbahnhof Zoo erhalten bleibt. Außerdem treten auch Dr. Pflüger (CDU), Frau Eichstädt-Bohlig (Bündnis 90/Die Grünen) sowie FDP und PDS für den Fernbahnhof ein.

Das Bahngesetz räumt zwar der Bahn die Freiheit der Fahrplangestaltung ein, aber die Schließung des Fernbahnhofs Zoo ist weit mehr als eine Fahrplanänderung. Sie bedeutet eine entscheidende Schwächung der Wirtschaftskraft der westlichen City und damit der deutschen Hauptstadt. Seit wann wird in dieser Stadt die Wirtschaftspolitik vom Bahnchef gemacht? Und seit wann lässt sich die Landesregierung dies einfach bieten?

Wir brauchen in dieser Stadt kein Geschacher um die Vermarktung der Läden im neuen Hauptbahnhof, wir brauchen Mobilität für die Bürger und kurze Anreisewege zum Bahnhof. Wir brauchen ein Bahnunternehmen, das endlich einmal auf die Wünsche der Kunden eingeht und nicht die Zwangslenkung der Kunden kreuz und quer durch die Stadt betreibt. Wir brauchen eine Bahn, die sich an getroffene Vereinbarungen hält und nicht den zentralen Fernbahnhof der westlichen City willkürlich und eigenmächtig abhängt. Und wir brauchen einen Regierungschef, der nicht hinter verschlossenen Türen mit dem Bahnchef redet und dann einfach klein beigibt und die Flinte ins Korn wirft.

Der “Bürgerprotest gegen die Schließung des Fernbahnhofs Zoo” geht weiter, bis der Bahnhof wieder geöffnet wird. Wir haben schon 115.000 Unterschriften gesammelt und damit weit über Berlin hinaus Aufmerksamkeit erregt. Wir planen neue Aktionen und sammeln weiter Unterschriften, denn nur so können wir den Willen der Bürger zur Geltung bringen. Rufen sie mich an unter 030 8921007, ich verschicke die neuen Unterschriftenlisten.

Mit Dank für die großartige bisherige Unterstützung

Ihre Helga Frisch