Drucksache - 1340/5  

 
 
Betreff: Klimanotstand im Bezirk - Klimafreundliche Dienstreisen
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPD-Fraktion 
Verfasser:Sempf/Dr. Murach 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
21.11.2019 
38. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Haushalt, Personal, Wirtschaftsförderung, Informationstechnologie und Gender Mainstreaming Beratung
10.12.2019 
40. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Haushalt, Personal, Wirtschaftsförderung, Informationstechnologie und Gender Mainstreaming      
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
12.12.2019 
39. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   

Sachverhalt
Anlagen:
Antrag
Dringlichkeitsbeschlussempfehlung
Beschluss
Vorlage zur Kenntnisnahme

Beitritt: Fraktion B‘90/Die Grünen

 

 

 

Die BVV hat in ihrer Sitzung am 12.12.2019 folgenden Beschluss gefasst:

 

Das Bezirksamt wird gebeten, den Anteil an klimafreundlichen Dienstreisen zu erhöhen, indem die Nutzung von klimafreundlichen Verkehrsmitteln für die Beschäftigten attraktiver gestaltet wird. Ziel ist es, dass ein größerer Anteil von Dienstreisen, die mit der Bahn in 6 Stunden oder im Schlafwagen mit Nachtzügen zu erreichen sind (z.B. Wien, Budapest, Krakau, Freiburg, Zürich, Rom) vom Flugzeug auf die Bahn verlagert werden.  

 

  • Die Dienstfahrt im Zug soll auch für die Erledigung von Arbeiten nutzbar sein, so wie es für Mitarbeitern moderner privater Unternehmen oder Hochschulen selbstverständlich ist. Zur Erhöhung der Attraktivität von klimafreundlich durchgeführten Dienstreisen für die Beschäftigten ist die An- und Rückreise und nicht nur die Zeit des Dienstgeschäfts zur Dienstzeit anzurechnen, sofern diese Zeit für dienstliche Vorbereitungen (Aktenstudium, Vorbereitungen von Powerpoint-Präsentationen, Abarbeiten der E-Mails) und nicht zur Erholung genutzt werden.  
  • Die Mitarbeiter*innen sind hierzu mit der entsprechenden IT-Technik (z.B. Smartphone, Laptop) auszustatten.
  • Setzen Mitarbeiter*innen ihre private BahnCard für Dienstreisen ein, so wird diese anteilig erstattet, so wie es schon in einigen Senatshauptverwaltungen und an Hochschulen bereits praktiziert wird.
  • Bei Sparangeboten oder beim Einsatz von BahnCards der DB im Eigentum der Beschäftigten kann auch die 1. Klasse genutzt werden, sofern der Fahrpreis den Normalpreis 2. Klasse unterschreitet.  

 

Der BVV ist jährlich ein kurzer Klima - Bericht über den Anteil der klimafreundlich durchgeführten Dienstreisen vorzulegen.

 

Das Bezirksamt teilt hierzu Folgendes mit:

 

Einleitend sei festgestellt, dass das Bezirksamt die Zielsetzung dieses Beschlusses als sehr wichtig erachtet. Es wird seine eigenen Anstrengungen entsprechend verstärken, um möglichst klimafreundliche Dienstreisen durchzuführen. Allerdings gibt es in sind dabei Bundes- und Landesvorschriften, die leider zum Teil noch „old fashioned“ sind zu beachten.

 

So ist es beispielsweise dringend erforderlich, die Thematik Bahncard im dienstlichen Zusammenhang in geeigneter Form zu verwirklichen, um Kosten zu sparen. Die Senatsverwaltung für Finanzen wurde hierzu bereits auf Ebene des Staatssekretärs vom Bezirksbürgermeister angesprochen.

 

  1. Der Vorschlag im Begründungstext, eine Dienstreise mit dem Nachtzug nach Rom zu machen (eigene Recherche: Abfahrt Berlin 16.05 Uhr mit Umstieg in München, Ankunft in Rom um 9.22 Uhr), wäre unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen – rechtlich wie tatsächlich – sehr ambitioniert.

Die „old fashioned“-Situation verdeutlicht, dass nach Nr. 3.1.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesreisekostengesetz (BRKGVwV) Dienstreisen grundsätzlich nicht vor 6 Uhr anzutreten und nicht nach 24 Uhr zu beenden sind. Ein früherer Beginn oder ein späteres Ende aus dienstlichen Gründen (z.B. zweckmäßige Verkehrsmittel, dienstlich bereitgestellte Mitfahrgelegenheiten) bleiben unberührt.

Schlafwagenkosten werden gegenwärtig erstattet, wenn die Fahrt während der Nacht durchgeführt werden muss oder sich die Reisekostenvergütung nicht erhöht, weil das Übernachtungsgeld wegfällt und Tagegeld infolge kürzerer Dienstreisedauer eingespart wird. Diese rein wirtschaftliche Sichtweise prägt immer noch das gegenwärtige rechtliche Dienstreiserecht.

Im Übrigen ist nach Nr. 3 der Erläuterungen zu § 4 Bundesreisekostengesetz (BRKG) des Kommentars Kopicki/Irlenbusch der Dienstreisende in der Wahl des Beförderungsmittels zwar grundsätzlich frei, nach der Systematik des BRKG werden jedoch grundsätzlich nur Auslagen für das Benutzen regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel und höhere Ausgaben für das Benutzen anderer Beförderungsmittel nur bei Vorliegen besonderer Gründe erstattet.

Es besteht also ein Spannungsfeld zwischen dem Grundsatz der Sparsamkeit und dem Grundsatz des Klimaschutzes, z.B. in den Fällen, wenn bei Benutzung des Flugzeuges geringere Reisekosten entstehen als bei einer Bahnfahrt. Hier bedarf es dringend einer Anpassung der gesetzlichen Grundlagen und der Verwaltungsvorschriften, um den Belangen des Klimaschutzes endlich ein höheres Gewicht als jenen der Wirtschaftlichkeit zu geben. Dies kann die Verwaltung nicht selbst entscheiden.

Daneben gilt es, das Ziel eines familienfreundlichen Arbeitgebers im Blick zu behalten, dem sich das Bezirksamt durch den jüngst begonnenen Auditing-Prozess verpflichtet sieht. Denn es besteht nach Nr. 4.1.4 BRKGVwV auch die Möglichkeit, Flugreisen aus Aspekten der Wahrnehmung von Familienpflichten zu gewähren.

  1. Die Anrechnung der Reisezeit als Dienstzeit bedeutet zumindest dahingehend Re­gelungsbedarf, diese dann vergleichbar der Regelungen in der „DV Telearbeit“ als Vertrauensarbeitszeit anzusehen. Hierzu ist dann eine Grundsatzentscheidung der Dienststelle erforderlich. Im Rahmen der Gleichbehandlung der Dienstreisenden müsste diese Möglichkeit auch für Flugreisen oder Mitfahrende in PKWs gelten, sofern ebenfalls entsprechend gearbeitet wird. Schließlich sind Flugreisen aus Gründen der Zeitersparnis oder aus Mangel einer anderweitigen Erreichbarkeit auch künftig nicht gänzlich ausgeschlossen.
  2. Die private Bahncard ist bereits jetzt ohne Anrechnung einzusetzen, wenn sie vorhanden ist; hinsichtlich einer (Teil-)Erstattung müsste daher eine Änderung der bisherigen Verwaltungspraxis durch die bereits zu 1.) ausgeführte Anpassung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften erfolgen. Wenn andere Dienststellen bereits so verfahren, wäre zu erfahren, auf welcher Grundlage sie dies tun; dies war bisher nicht zu ermitteln.
  3. Es trifft zu, dass es gelegentlich dazu kommen kann, dass insbesondere bei Einsatz einer Bahncard First ein 1.Klasse-Sparpreis-Ticket preiswerter sein kann als ein 2.Klasse-Flexpreis-Ticket, doch ist die damit einhergehende Zugbindung ein Nachteil, wenn z.B. das Ende einer Dienstreise nicht verlässlich vorhergesagt werden kann. Zudem bedeutet die vorherige Ermittlung eines Vergleichspreises - soweit dies beim Großkundenabonnement überhaupt möglich ist - wiederum einen zusätzlichen Aufwand für den Personalservice, gibt es doch bei der Deutschen Bahn inzwischen sogar tageszeitabhängige Flexpreise.
  4. Der BVV wird über die 2021 durchgeführten Dienstreisen im I. Quartal 2022 der gewünschte Bericht vorgelegt werden.

 

 

 

Naumann

 

 
 

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