Drucksache - 1246/5  

 
 
Betreff: Anpassung der Ladenöffnungszeiten
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:FDP-Fraktion 
Verfasser:Recke/Tschörtner 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
22.08.2019 
34. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Bürgerdienste, Wirtschafts- und Ordnungsangelegenheiten Beratung
29.10.2019 
35. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bürgerdienste, Wirtschafts- und Ordnungsangelegenheiten mit Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Ausschuss für Haushalt, Personal, Wirtschaftsförderung, Informationstechnologie und Gender Mainstreaming Beratung
14.01.2020 
41. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Haushalt, Personal, Wirtschaftsförderung, Informationstechnologie und Gender Mainstreaming      
Bezirksverordnetenversammlung Empfehlung
16.01.2020 
40. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   

Sachverhalt
Anlagen:
Antrag
BE Bü 1246-5
Dringlichkeitsbeschlussempfehlungen
Beschluss
Vorlage zur Kenntnisnahme

Die BVV hat in ihrer Sitzung am 16.01.2020 folgenden Beschluss gefasst:

 

 

Das Bezirksamt wird aufgefordert, sich im Rat der Bürgermeister für eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten für inhabergeführte Spätverkaufsstellen im Hinblick auf Sonn- und Feiertage einzusetzen. Im Berliner Ladenöffnungsgesetz

(BerlLadÖffG) soll hierfür eine Definition von Spätverkaufsstellen („Spätis“) aufgenommen werden und eine Klarstellung erfolgen, dass Spätis als Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich öffnen können.

 

Wo ein Beurteilungsspielraum des Bezirksamts, v.a. im Rahmen der zahlreichen Ausnahmetatbestände des BerlLadÖffG besteht, soll dieser weit ausgeübt werden.

 

Das Bezirksamt teilt hierzu Folgendes mit:

 

Aus Sicht der Abt. Bürgerdienste, Ordnungs- und Wirtschaftsangelegenheiten stellt sich die aktuelle Rechtslage folgendermaßen dar:

 

Der Betrieb ist außerhalb der zugelassenen Ladenöffnungszeiten geschlossen zu halten, soweit keine Ausnahmen nach §§ 4, 6 Berliner Ladenöffnungsgesetz (BerlLadÖffG) vorliegen.

 

Ausnahmen nach dem Berliner Ladenöffnungsgesetz liegen demnach vor, wenn ausschließlich Waren des touristischen Bedarfs, ausschließlich Blumen und Pflanzen, Zeitungen und Zeitschriften, Back- und Konditorwaren oder Milch und Milcherzeugnisse angeboten werden.

 

Die in geringfügiger Menge als Nebenleistungen angebotenen Warengruppen des

§ 4 BerlLadÖffG eröffnen nicht den Ausnahmetatbestand des Berliner Ladenöffnungsgesetzes. Die Warengruppe der Ausnahmeregelungen müssen die jeweilige Verkaufsstelle allgemein prägen (OVG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom
30. April 2012 – OVG 1 S 67.12-, S- 3 f).

 

Voraussetzung für die Nutzung des Privilegs der Sonn- und Feiertagsöffnung ist laut aktueller Rechtsprechung hierbei jeweils, dass auch an den Werktagen in der Verkaufsstelle keine über dieses eingeschränkte Sortiment hinausgehenden Waren zum Verkauf angeboten werden. Die prägenden Merkmale eines bestimmten Typs einer Verkaufsstelle (z. B. Verkaufsstelle für den Bedarf von Touristen) müssen an allen Tagen der Woche vorhanden sein. Geht das Warensortiment über die oben genannten Warengruppen hinaus bzw. der Zweck der Verkaufsstelle dahin, die Umgebung allgemein mit den angebotenen Waren zu versorgen, wie es bei den meisten Spätkaufbetrieben der Fall ist, darf von dem Privileg der Sonn- und Feiertagsöffnung kein Gebrauch gemacht werden. Auch der Wortlaut der Norm („ausschließlich“) spricht dafür, dass nur die in § 6 BerlLadÖffG aufgeführten Waren angeboten werden dürfen, damit die Ausnahmeregelung greift. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, da weitere Waren angeboten werden, dann ist auch kein Beurteilungsspielraum gegeben.

 

Sonntags dürfen Betriebe, die über eine Gaststättenerlaubnis verfügen, öffnen. Verkauft werden darf alles, was auch in einer Schankwirtschaft angeboten werden darf (§ 7 GastG).

 

Gemäß § 7 des Gaststättengesetzes gilt Folgendes:

 

(1) Im Gaststättengewerbe dürfen der Gewerbetreibende oder Dritte auch während der Ladenschlusszeiten Zubehörwaren an Gäste abgeben und ihnen Zubehörleistungen erbringen.

 

(2) Der Schank- oder Speisewirt darf außerhalb der Sperrzeit zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch

 

  1. Getränke und zubereitete Speisen, die er in seinem Betrieb verabreicht,

 

  1. Flaschenbier, alkoholfreie Getränke, Tabak- und Süßwaren

an jedermann über die Straße abgeben.

 

Das gastronomische Zubehörangebot stellt eine Ergänzung der von der Gaststätte angebotenen Hauptleistung dar, wie z. B. eine Pizza, Tabak, Süßwaren oder eine Flasche Wein zum Mitnehmen.

 

Die Zubehörleistung als Nebenleistung muss mengenmäßig begrenzt sein. Wird die Zubehörware vom Gast ersichtlich auf Vorrat gekauft, wofür die Menge sprechen kann, so liegt ein Ergänzungshandel und nicht Zubehörhandel vor. Die Abgabe von Zubehörwaren in größeren Mengen oder über Einzelfälle hinaus an Passanten unterliegt als stehendes Gewerbe hingegen nicht dem Gaststättengesetz, vielmehr der Anzeigepflicht nach § 14 GewO und somit dem Ladenöffnungsgesetz.


Die meisten Spätverkaufsstellen haben nicht das Gepräge einer Gaststätte. Ein Spätkauf wird nicht dadurch zur Vollgaststätte, dass dort ein Stehtisch steht und man ein Bier dort trinken kann und für diesen untergeordneten Annex eine Gaststättenerlaubnis erteilt worden ist. Kommt dem Gaststättenbetrieb hinsichtlich seiner Größe im Verhältnis zum Einzelhandelsgeschäft lediglich untergeordnete Bedeutung zu, dann kann auch keine Gaststättenerlaubnis erteilt werden (vgl. VG Berlin, Beschluss vom 21. Juli 2015 – VG 4 L 178.15 -, BA S. 7 ff.).

Das in Spätkäufen übliche Sortiment geht ohnehin über den Begriff des gastronomischen Zubehörangebots hinaus, so dass eine Gaststättenerlaubnis gleichwohl nicht ermöglichen würde, dass diese Dinge außerhalb der nach dem LadÖffG zugelassenen Öffnungszeiten verkauft werden dürfen.

 

Diese Auffassung ist konsequent, da ansonsten jeder Einzelhändler (Boutique, Obstladen etc.) das Ladenöffnungsgesetz umgehen könnte, wenn er sich einen Stehtisch für den Verzehr von alkoholischen Getränken besorgen und hier eine Gaststättenerlaubnis beantragen und erhalten würde. Dann wäre auch das Ladenöffnungsgesetz überflüssig. 

 

Werden schwerpunktmäßig Waren angeboten, die nicht unter die Ausnahmeregelungen fallen, dann müssen nach § 3 Abs. 2 BerlLadÖffG die Verkaufsstellen, mit Ausnahme der durch die Senatsverwaltung freigegebenen verkaufsoffenen Sonntage, an Sonn- und Feiertagen geschlossen sein.

 

Bei Ermächtigungsgrundlagen zu ordnungsrechtlichem Einschreiten besteht ein intendiertes Ermessen. Dies bedeutet, dass die Behörde im Regelfall einschreiten soll, außer es liegen atypische Konstellationen vor. Solche atypischen Fälle sind nicht ersichtlich. Demnach ist der Spielraum durch das Gesetz und stetige Rechtsprechung vorgegeben.

 

Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, sollten die Spätverkaufsstellen genauso wie jeder andere Einzelhandel gleich beurteilt und behandelt werden. Ein Beurteilungsspielraum ist durch die stetige Rechtsprechung kaum vorhanden.

 

 

Diese Sichtweise entspricht dem Votum des Rats der Bürgermeister (RdB). Mit der RdB-Vorlage R-399/2018 vom 05.07.2018 hatte das Bezirksamt Neukölln folgenden Beschlussentwurf betr. Ladenöffnungszeiten für inhabergeführte Spätverkaufsstellen eingebracht:

„Der Rat der Bürgermeister bittet den Senat um Prüfung, inwieweit das Berliner Ladenöffnungsgesetz dahingehend modifiziert werden kann, dass inhabergeführte Spätverkaufsstellen auch an Sonn- und Feiertagen öffnen dürfen.“

 

Nach ausführlicher Debatte über das Für und Wider hat der RdB mit Beschluss vom 19.07.2018 die Vorlage R-399/2018 abgelehnt.

 

Auf eine erneute Einbringung der Thematik in den RdB wurde verzichtet, weil diese innerhalb derselben Wahlperiode keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.

 

 

 

Naumann

 

 
 

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