Drucksache - 1177/5
Sehr geehrte Frau Vorsteherin,
die Große Anfrage beantwortet das Bezirksamt wie folgt:
Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf ist großflächig stark durch NOx belastet, ohne dass dadurch durch häufige Grenzwertüberschreitungen ein rechtlich unvermeidbarer Handlungsdruck ausgelöst wird. Die großflächige, an den Grenzwert heranreichende Dauerbelastung hat aber ebenso gesundheitliche Auswirkungen und verursacht zumindest einen politischen Handlungsauftrag.
Hintergrund der großflächig hohen Belastung ist, dass in dem Bezirk weite Teile neben der regionalen und urbanen Grundbelastung durch Verkehrsstraßen („Transitverkehr“) belastet sind, die so sonst in Berlin nicht in dieser Konzentration vorkommen. So wird der Bezirk einmal komplett durch die Stadtautobahn BAB A 100 mit ihrem hohen Schwerlastaufkommen sowie die BAB A 115 (AVUS) durchschnitten. Die Trasse der Autobahnen ist definiert durch eine Hochbelastungszone jeweils mit einigen hundert Metern rechts und links der Trasse. Dazu kommen die Hauptverkehrsstraßen mit z.T. sehr hohen Verkehrsstärken und NOx-Belastungen und direkt anliegender Wohnbebauung, wie z. B. die Straßenzüge Bismarckstr.-Kaiserdamm-Str. des 17. Juni, Otto-Suhr-Allee – Spandauer Damm, Kantstraße, Bundesallee, Konstanzer Straße. Das gilt in vermindertem Umfang für die Spree und die Kanäle, die die Berliner Trassen für die Ausflugsschifffahrt sind. Dazu kommt eine außergewöhnliche Dichte an Bussen im Linienverkehr der BVG, Reisebusse und touristische Rundfahrten. Zwei große Busbahnhöfe (Hardenbergplatz und ZOB) verstärken die Problematik. Zu guter Letzt wird der Bezirk dann noch durch zwei vielbefahrene -Bahnstrecken durchschnitten, die erhebliche NOx und Partikelbelastungen durch einen hohen Anteil an Fahrzeugen mit Diesel-Traktion verursachen.
Der Bezirk hat also ein hohes Interesse, jenseits der Grenzwertfrage Maßnahmen zu ergreifen, die flächendeckend zu einer Entlastung des Bezirks, insbesondere von NOx- Belastungen beitragen.
Die Kompetenzen und Zuständigkeiten für die Luftreinhalteplanung und die (weil Verkehr die wesentlichste Quelle für NOx ist) Verkehrsplanung liegt bei der Senatsverwaltung UVK.
Die bisher begonnenen Maßnahmen in Berlin sind umfangreich. Zu nennen sind u. a. - die Einführung der Umweltzone (ursprünglich vor allem für Feinstaub geplant, aber auch für NOx relevant) mit der Konsequenz eines beschleunigten Modellwechsels bzw. der Nachrüstung von Fahrzeugen, - Beschaffung sauberer Fahrzeuge bei den landeseigenen Betrieben (BVG, BSR u. a.), - Anforderung von Rußfiltern für Baumaschinen bei Bauvorhaben der öffentlichen Hand und - Maßnahmen des Stadtentwicklungsplans Verkehr (Förderung Umweltverbund, Erweiterung Parkraumbewirtschaftung, damit Verkehrsvermeidung).
Das Bezirksamt hat gegenüber Sen UVK folgende Maßnahmen zum Entwurf des Luftreinhalteplans gemeldet, die bis auf Stellplatzbegrenzungs-Verordnung und die Parkraumbewirtschaftung eher kurzfristige Maßnahmen darstellen. Dabei muss auch das Potential begonnener Maßnahmen weiter ausgeschöpft werden.
Stadtplanerische Maßnahmen Die bestehenden Parks, Grünflächen, Laubenkolonien, Friedhöfe, Gärten, Straßenbäume, Sportstätten und begrünten Hinterhöfe, die den ganzen Bezirk durchziehen, bilden wichtige Freiflächen und Schneisen, die für die Ausbreitung und Verdünnung der Luftschadstoffe in den angrenzenden Quartieren von großer Bedeutung sind und deshalb erhalten werden sollten bzw. als Ausgleichsflächen in angemessener Weise zu schaffen sind.
Verdichtung insbesondere innerhalb des S-Bahnringes ist ambivalent. Einerseits erschweren Baulückenschließungen u. ä. eine Durchlüftung und Verteilung von Luftmassen und kann bei unvorteilhaften Heizungen zu einer Verschlechterung beitragen, andererseits ist die damit ermöglichte Verkehrsvermeidung von Vorteil: Nachverdichtungen von untergenutzten oder nicht genutzten Standorten, die wiederum eine kompakte Stadt und dem Leitziel der "Stadt der kurzen Wege" folgen.
Die Bauordnung und das Handbuch der Planergänzungsbestimmungen für Bebauungspläne sollen die Möglichkeiten schaffen, die Begrünung von Fassaden, Dächern und Freiflächen aus stadtklimatischen Gründen und als Luftreiniger auch mit qualitativen Beschreibungen vorzuschreiben.
Verkehrs- und umweltrechtliche Maßnahmen
Umgang mit emissionsintensiven Brennstoffen Es sollten Möglichkeiten geschaffen werden, die Nutzung von Anlagen zum Hausbrand, beispielsweise durch Verbot der Nutzung emissionsintensiver Brennstoffe oder Vorgaben zur verpflichtenden Unterschreitung der Anforderungen der Energieeinsparverordnung, zu reduzieren, um Emissionen aus Hausbrand zu verringern. Dies könnte auf immissionsschutzrechtlicher, energierechtlicher oder planungsrechtlicher Grundlage erfolgen.
Lastenräder Hier regt das Bezirksamt die Erweiterung um die Förderung von Lastenanhängern für bereits vorhandene Fahrräder an, um weiteres Potential zur Verkehrsverlagerung zu heben.
ÖPNV Die geplante Maßnahme zur ÖPNV-Fahrgastinformationen sollte dahingehend ergänzt werden, dass Fahrgastinformationen nicht nur an Haltestellen und in Fahrzeugen, sondern auch an öffentlichen Orten abseits von Haltestellen erfolgen soll, um potentiellen Fahrgästen bereits Informationen zum ÖPNV-Angebot zu geben, bevor sie sich für den ÖPNV als Verkehrsmittel entschieden haben.
Anreizsysteme Das Bezirksamt begrüßt die befristete Befreiung von Fahrzeugen nach Elektromobilitätsgesetz von der Parkgebührenpflicht, da es sich von dieser Maßnahme eine zusätzliche Lenkungswirkung zu emissionsfreien Fahrzeugen und damit einen zusätzlichen Beitrag zur Luft-reinhaltung erwartet.
Baustellenimmissionen Das Thema Baustellen wird bisher nicht angegangen. Es entstehen hier zwar Emissionen (v.a. Staub), aber es wird keine Lösung aufgezeigt. Mit ausreichenden Vorgaben und einer gewährleisteten Überwachung, könnten deutliche Minderungspotentiale genutzt werden.
Förderung für die Erneuerung des öffentlichen Fahrzeugsbestands Öffentliche Fahrzeuge leisten einen nicht unerheblichen Beitrag zur Luftbelastung. Die bisher genannten Maßnahmen (Förderung von Elektrofahrzeugen, VwVBU) reichen nicht aus, da die Fluktuation des Fahrzeugbestandes im Rahmen der bisherigen haushaltsmäßigen Möglichkeiten zu gering ist. Das Bezirksamt verfügt über zahlreiche ältere Fahrzeuge, die noch Jahre im Einsatz sein werden. Es wird daher eine finanzielle Unterstützung von Neubeschaffungen angeregt
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Schruoffeneger
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