Drucksache - 0861/5  

 
 
Betreff: Brückenneubau ohne Bürgerbeteiligung?
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:CDU-Fraktion 
Verfasser:Klose/Fenske 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
20.09.2018 
23. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin schriftlich beantwortet   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Große Anfrage
Beantwortung

 

Sehr geehrte Frau Vorsteherin,

 

die Große Anfrage beantwortet das Bezirksamt wie folgt:

 

 

  1. Welche Auswirkungen hat der Neubau der Rudolf-Wissel-Brücke auf das Umfeld, insbesondere die dort gelegenen Kleingärten?

Die DEGES, die Fernstraßen-Baugesellschaft des Bundes und der Länder, hat für den Ersatzneubau der Rudolf-Wissell-Brücke einen Wettbewerb europaweit ausgelobt, dessen Sieger-Entwurf für die Betrachtung der Fragestellung maßgeblich ist.

Dieser Entwurf sieht für die Richtungsfahrbahnen Nord einen kompletten Neubau der Teilbrücke in anderer, bis zu 60 m weiter östlich gelegener Trassenlinie als der Bestandsbrücke vor. Es wird anschließend auch eine weitgehende Umgestaltung der Verkehrsführung im Autobahndreieck Charlottenburg geben, die zusätzliche Flächen nach Süden hin beansprucht.

Der Neubau der Richtungsfahrbahn Süd soll nach der Fertigstellung der Richtungsfahrbahn Nord in der Trassenlinie der Bestandsbrücke erfolgen, wobei die Stahlkonstruktionen der neuen Brückenträger zunächst auch für den Abriss der Bestandsbrücke behilflich sein sollen, und dann darauf die neue Richtungsfahrbahn erstellt wird. Die Brückengründungen der Bestandsbrücke sollen nach Prüfung und Ertüchtigung dazu weiter verwendet werden. Die Entwurfsergebnisse können auf der Website der DEGES aufgerufen werden.

Betroffen sein werden die sog. Baustelleneinrichtungs-Flächen unterhalb und beiderseits der Trassierung der Bestandsbrücke in einem wesentlich breiteren Streifen als die aktuelle Linienführung. Der genaue Umfang hängt von der Vorabklärung der Baulogistikverfahren ab. Unter Baustelleneinrichtung sind hier die Flächen für die eigentliche Trassierung und den Abriss der Bestandsbrücke, für Bauleitung, Zufahrten, Abfahrten, Lagerplätze, ortsgebundene Produktionsflächen von Bauteilen etc. zu verstehen.

Aufzugeben sein werden auf landeseigene Flächen voraussichtlich das vollständige Teilfeld Nordost und Teile des Teilfeldes Nordwest der KGA „Bleibtreu II“, weitestgehend die KGA „Schleusenland II“ unterhalb der Brücke. Den Maßnahmen werden auch die landeseigenen Grünanlagen im bezeichneten Bereich zu opfern sein.

Zudem werden Flächen der Bahnlandwirtschaft-Kleingärten (BLW) der Anlagen „Schlackenloch“ in großem Umfang und „Ablaufberg“ in geringerem Umfang betroffen sein, ferner die auf WSV-Grund befindlichen Begleitgrünflächen der Neuen Schleuse.

Bei allen genannten Grünanlagen- und Kleingartenanlagen-Bestandsflächen handelt es sich um planbefangene Flächen aus der Planfeststellung des Landschaftspflegerischen Begleitplanes (LBP) des Wasserstraßen- Neubauamtes Berlin (WNA der WSV) vom 12.12.2000 mit dem Inhalt ‚Ausgleichsmaßnahmen gegen den Grün-Verlust aus dem Schleusenneubau‘. Dies beinhaltet eine Interessenkollision, da während der Bauzeit für die neue Brücke und für den Abriss der Bestandsbrücke voraussichtlich große Teile der seit Schleusenfertigstellung neu entstandenen Grün- Entwicklung auf der LBP-Fläche wieder gerodet und planiert werden müssen.

Es werden abhängig von den vorgesehenen Maßnahmen zum Schutz gegen Auswirkungen aus Baustelle und Abriss zeitweise oder dauernd Verkehrswege gesperrt werden müssen (Nonnendamm, WSV Privatstraße nördlich des Schleusenkanals, östlich anschließender Grünanlagenweg Richtung Mörschbrücke, Spreeufer-Südweg, Spreekanal der Neuen Schleuse, Spreekanal zur Alten Schleuse, Hamburger und Lehrter Eisenbahn (Spandau---Moabit---Hauptbahnhof tief bzw. Gesundbrunnen), Abzweig der Eisenbahn von Spandau zum Innenring).

 

 

  1. Inwiefern sind die Betroffenen in die Planung frühzeitig mit einbezogen worden und wie wurde die Neubauplanung kommuniziert?

Das Bezirksamt ist mit der bisherigen Form der Beteiligung sehr unzufrieden. Eine Einladung der DEGES Verantwortlichen in eine Bezirksamtssitzung vor den Sommerferien brachte keinerlei Erkenntnisse, da sich die DEGES auf den Standort zurückzog, sie könnten „Dritten“ gegenüber keine Informationen über die Planungen verlautbaren.

Am 19.09.2018 abends fand in den Räumen des Kleingartenzwischenpächters, Bezirksverband Charlottenburg der Kleingärtner e.V., eine Informationsveranstaltung der DEGES dazu statt. Aus dieser Veranstaltung resultieren die oben genannten Erkenntnisse zu den Auswirkungen der Planung. Im Vorfeld hatte das Bezirksamt in einem Schreiben an die DEGES Erstaunen darüber geäußert, dass die DEGES zu diesem Termin eingeladen hatte, das Bezirksamt als Eigentümer der Grundstücke aber bisher nicht offiziell über den Fortschritt der Planungen seit Vorstellung des Sieger-Entwurfs Planung unterrichtet hat und auch nicht zu dieser Veranstaltung offiziell eingeladen hatte.

Die Veranstaltung diente vorab des gesetzlich erforderlichen Planfeststellungsverfahrens einer ersten Information an die betroffenen Grundstückseigentümer-Vertreter landeseigener Flächen sowie an die Kleingarten-Zwischenpächter und Vertreter örtlicher Kolonievereine. Zudem kam ein Wissensaustausch über örtliche Besonderheiten zustande, die der DEGES bis dahin unbekannte Sachverhalte bekannt machte. Es wird voraussichtlich weitere Folgetermine geben.

 

Ein Baurecht ergibt sich nur aus einem abgeschlossenen und bestandskräftigen Planfeststellungsverfahren. In der Infoveranstaltung wurde darauf aufmerksam gemacht, dass dafür auch der B-Plan VII-104 zu ändern sein wird, weil er die Festsetzung der räumungsbetroffenen KGA „Schleusenland II“ als Dauerkleingarten beinhaltet. Eine vergleichbare Festsetzung beinhaltet dieser B-Plan auch für die BLW-Kleingärten der KGAen „Schlackenloch“ und „Ablaufberg“.

Die Eröffnung des formgebundenen Planfeststellungsverfahrens „Ersatzneubau Rudolf-Wissell-Brücke“ ist für 2021 vorgesehen.

 

 

  1. Welche Ersatzangebote oder Kompensationen sind gegebenenfalls geplant und wie unterstützt das Bezirksamt die Kleingärtner dabei?

Ersatzverpflichtet für Dauerkleingartenflächen, die zur Durchführung einer Planfeststellung gekündigt worden sind, ist gemäß Bundeskleingartengesetz die Gemeinde, hier also Berlin. Dies gilt auch für Maßnahmen von solchen Kündigungen auf Flächen Dritter, hier also der BLW-Flächen.

Es gibt aufgrund der Berliner Liegenschaftspolitik keine landeseigenen Flächenreserven für Ersatzmaßnahmen im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Der Bund als Bedarfsträger der Maßnahme ist dem Land Berlin gegenüber jedoch zum Wertausgleich verpflichtet, wenn durch das Land Berlin Ersatzflächen aus vorherigem Kauf bereitgestellt werden können.

Zu Ausgleichsflächen ist der Bund aufgrund der naturschutzrechtlichen Bestimmungen selbst verpflichtet. Der Bund wird im gesamten Verfahren, also auch bei Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, vertreten durch die DEGES, die aufgrund des Gesellschaftervertrages weitestgehend Bauherrenaufgaben erfüllt.

Ab 2019 wird es Veränderungen in der Baugesellschaft und Verwaltung der Bundesfernstraßen geben. Zunächst wird nur noch der Bund DEGES-Gesellschafter sein. Anschließend, voraussichtlich zeitlich während des Planfeststellungsverfahrens, wird es ein „Bundesfernstraßenamt“ als Oberbehörde des Bundes geben.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Oliver Schruoffeneger

 


 

 
 

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