Drucksache - 0741/5
Die BVV hat in ihrer Sitzung am 21.06.2018 beschlossen:
"Das Bezirksamt wird aufgefordert, über das bereits arbeitende Wildbienenprojekt hinaus Flächen- bzw. Standortvorschläge für die Einrichtung von Blühstreifen und Blühflächen zu erarbeiten und umzusetzen.
Dabei ist auf eine Artenzusammenstellung zu achten, die den örtlichen Standortverhältnissen angepasst ist und insbesondere für Wildbienen und Schmetterlinge, aber auch anderen Insekten Nahrung bietet. Für die Aussaat ist möglichst Saatgut in Bio-Qualität zu verwenden.
Eine ggf. erforderliche Mahd soll so terminiert werden, dass die Samenbildung und eine selbstständige Vermehrung ermöglicht wird.
Das Bezirksamt wird des Weiteren gebeten, Möglichkeiten zu unterbreiten, in welcher Form sich Anwohner*innen, Gewerbetreibende und Sponsor*innen an der Umsetzung von Bepflanzungsmaßnahmen auf den qualifizierten Flächen beteiligen können.
Die für diese Aufgaben zuständigen Mitarbeiter*innen des Straßen- und Grünflächenamtes sollen Fortbildungsmaßnahmen für eine bestäuberfreundliche Praxis nutzen können.
Flächen, die möglicherweise für eine entsprechende Bepflanzung in Frage kämen, sind die Grünflächen entlang von Straßen, begrünte Mittelinseln und Mittelstreifen, aber auch bestehende und neu zu gestaltende Gründächer und Fassadenbegrünungen sowie Gebäudebegleitgrün. Auch bei baulichen Gestaltungsvorhaben in Parks und Grünanlagen soll dieser Aspekt zukünftig stärker berücksichtigt werden.
Der BVV ist bis zum 31.12.2018 zu berichten."
Das Bezirksamt teilt dazu Folgendes mit:
Im Fachbereich Grünflächen wird bei Pflanzungen unter Berücksichtigung gestalterischer, gartenkünstlerischer und ökologischer Belange zwischen Vielfalt und gebietsheimischer Herkunft angemessen abgewogen. Grundlage ist hier das „Handbuch Gute Pflege“ der Sen UVK. Von der GALK (Gartenamtsleiterkonferenz) wurde es Ende 2016 mehrheitlich bestätigt.
In Charlottenburg-Wilmersdorf werden seit dem Jahre 2018 Pilotflächen am Spandauer Damm (Teilflächen des Straßengrüns) und im Ruhwaldpark nach den Qualitätskriterien des Handbuches entwickelt. U.a. wird bei der Ansaat der Säume auf die Verwendung von bestäuberfreundlichem regionalen Saatgut (an zwei Zertifikaten erkennbar: "VWW-Regiosaaten" und "Regiozert") geachtet.
Gebietseigene Pflanzen sind eine wesentliche Grundlage für die biologische Vielfalt. Gebietseigene Pflanzen weisen andere Merkmale und Reaktionsmuster auf als gebietsfremde Pflanzen derselben Art. Sie sind besser an die regionalen Bedingungen angepasst. U.a. wachsen diese Pflanzen besser an, zeigen eine größere Anpassungsfähigkeit und können eine bessere Umweltbilanz durch die Vor-Ort-Gewinnung des Pflanzenmaterials aufweisen.
Seit 2018 (mit Start der Maßnahmen im öffentlichen Raum im Frühjahr 2019) führt das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf ein Pilotprojekt "Bestäuberfreundliche Stadt" zur Förderung von Insekten und Wildbienen durch. Fachlich wird dieses Projekt von der Deutschen Wildtier Stiftung (DeWiSt) und der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK) als Oberster Naturschutzbehörde bis zum Jahre 2022 begleitet. Im Rahmen dessen wird eine für Berlin einheitliche Saatgutzusammenstellung derzeit erarbeitet. Diese Saatgutmischungen sollen auf weiteren, geeigneten begrünten Mittelstreifen Anwendung finden.
Der Ruhwaldpark, die Mittelstreifen der Heerstraße, des Hohenzollerndamms oder der Otto-Suhr-Allee sind Beispiele für hierfür ausgewählte Standorte innerhalb des Bezirks. Durch das Einbringen von Wildkrautsamen soll der Blütenflor gezielt verbessert werden. Grundsätzlich werden diese Flächen zwei- bis dreimal jährlich gemäht, der Ruhwaldpark maximal einmal jährlich, damit sich der Wildkrautbestand und damit der Lebensraum der Wildbienen weiter vergrößern kann. Aus Gründen des Immissionsschutzes und zum Schutz von Kleintieren wird hier auf den Einsatz von Laubbläsern oder -saugern vollständig verzichtet. Nähere Informationen gibt es unter den folgenden Links: https://www.deutschewildtierstiftung.de/naturschutz/wilde-bienen-hoch-bedroht und https://www.wildbiene.org/berlin/.
Darüber hinaus wird die Förderung von Wildstauden mit durchgehenden Blühaspekten auf Mittelstreifen bereits seit Jahren praktiziert. Die extensive Pflege der Flächen mit zwei- bis dreischüriger Mahd einerseits und ausbleibender Bewässerung der Areale andererseits führt zu einer stärkeren Entwicklung von blühenden Wildkräutern. Diese werden durch eine in verschiedenen Teilbereichen durchgeführte und zeitlich versetzte Mahd bei der Ausbildung von Samenständen gefördert. Bei Begrünungen von Gehölzflächen wird seit jeher darauf geachtet, bienen- und insektenfreundliches Pflanzenmaterial zu verwenden (siehe auch unten aufgeführte Maßnahmen).
Zusätzlich wurden durch die Deutsche Wildtier Stiftung Fortbildungen für die Mitarbeiter*innen der Straßen- und Grünflächenämter an mehreren Terminen durchgeführt, die neben theoretischen Kenntnissen ebenfalls im öffentlichen Raum praktische Maßnahmen zur Umsetzung vermittelt haben. Diese werden auch in den kommenden Jahren angeboten.
Interessierte Anwohner*innen, Stadtgärtner*innen, Wohnungsbaugesellschaften, Unternehmen usw. wurden und werden regelmäßig mit Vorträgen und praxisnahen Tipps informiert, u. a. bei den Veranstaltungen in der Gartenarbeitsschule.
Es erfolgte außerdem im Jahr 2019 die Anlage von weiteren bestäuberfreundlichen Flächen unabhängig vom Pilotprojekt durch Einsaat von gebietseigenem Saatgut (VWW-Regiosaaten zertifiziert) aus dem Ursprungsgebiet Ostdeutsches Tiefland, Pflanzung heimischer Gehölze sowie Einbringung von Geophyten an folgenden Standorten:
Außenanlagen Mosse-Stift
Ehemaliger Spielplatz am Cornelsenweg
Böschung am Horst-Dohm-Stadion
Blühstreifen am Schulgartenprojekt Kracauerplatz (durchgeführt von engagierten Lehrerinnen und SuS)
Anfang 2020 kommen folgende Flächen hinzu:
Vegetationsflächen an den beiden Jugendverkehrsschulen
Ehemalige Revierunterkunft im Messelpark
Teilbereiche des Betty-Hirsch-Platzes
Dies erfolgt in guter Zusammenarbeit zwischen dem Fachbereich Grünflächen des Straßen- und Grünflächenamtes und der Unteren Naturschutzbehörde im Umwelt- und Naturschutzamt. Im Rahmen des Projektes CITY.biotop und der täglichen bürgernahen Verwaltungsarbeit wurden 2019 interessierte Anwohner*innen vor Ort beraten, mit ausführlichen Informationsmaterialien und kleinen Mengen an gebietseigenem Saatgut versorgt. Beispiele hierfür:
Nähere Hinweise zu der von der Unteren Naturschutzbehörde zusammengestellten Saatgutmischung 2019 mit Beschreibung der einzelnen Arten finden sich unter folgendem Link: https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/verwaltung/aemter/umwelt-und-naturschutzamt/umweltschutz/umweltschutzprojekte/artikel.842883.php Hierbei handelt es sich nicht um die oben genannte Zusammenstellung aus dem Wildbienenprojekt. Weitere bestäuberfreundliche Flächen mit Stauden und Gehölzen werden regelmäßig im Rahmen der kindgerechten und ökologischen Umgestaltung von Schulhöfen in Kooperation mit „Grün macht Schule“ im gesamten Bezirk angelegt. Hierbei werden auch entsprechende Informationen zu Wildbienen und insektenfreundlichen Freiflächen vermittelt.
Zusätzlich wurde eine Handreichung „Hinweise und Tipps für Planung und Praxis von Fassadenbegrünungsmaßnahmen“ erstellt. Weiterhin wird im Rahmen der Umsetzung von den BFF-Landschaftsplänen regelmäßig darauf hingewirkt, bestäuberfreundliche Mischungen gebietsheimischen Saatguts zu verwenden. Und zuletzt soll ab Mitte 2020 ein „urbanes Grünlandkonzept“ (gefördert von „The Nature Conservancy“) für Charlottenburg-Wilmersdorf erstellt werden, das auch den Schutz von Bestäubern umfasst.
Eine hervorgehobene Rolle unter den Flächen der öffentlichen Hand in Charlottenburg-Wilmersdorf nehmen die Waldgebiete der Berliner Forsten ein. Die Berliner Wälder innerhalb und außerhalb der Landesgrenzen werden seit Anfang der 1990er Jahre naturgemäß bewirtschaftet und sind seit 2002 nach FSC (Forest Stewardship Council) und Naturland zertifiziert. Zu den Kriterien der Zertifizierung gehört auch die Verwendung heimischer Arten. Umfangreiche Informationen hält das Internetangebot der Berliner Forsten vor: https://www.berlin.de/senuvk/forsten/waldpflege/index.shtml
Abschließend sei noch auf die Broschüre „Strategie zum Schutz und zur Förderung von Bienen und anderen Bestäubern in Berlin“ der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hingewiesen. (Link: https://www.berlin.de/senuvk/natur_gruen/biologische_vielfalt/download/strategie_zum_bienenschutz_in_berlin_2019.pdf)
Das Bezirksamt bittet, den Beschluss damit als erledigt zu betrachten.
Reinhard Naumann Oliver Schruoffeneger Bezirksbürgermeister Bezirksstadtrat
|
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Legende
Ausschuss | Tagesordnung | Drucksache | |||
BVV | Aktenmappe | Drucksachenlebenslauf | |||
Fraktion | Niederschrift | Beschlüsse | |||
Kommunalpolitiker/in | Auszug | Realisierung | |||
Anwesenheit | Schriftliche Anfragen |