Drucksache - 1336/4  

 
 
Betreff: Entwicklungspotenzial beim Radverkehr
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Verfasser:Dr.Vandrey/Wapler/Prejawa 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
09.07.2015 
47. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin beantwortet   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Große Anfrage
Beantwortung

Wir fragen das Bezirksamt:

 

Wir fragen das Bezirksamt:

 

  1. Welche Bemühungen hat das Bezirksamt unternommen, um den Anforderungen des veränderten Mobilitätsverhaltens in den letzten Jahren gerecht zu werden und welche konkreten Veränderungen plant das Bezirksamt in Zukunft, um den Radverkehr besser und attraktiver zu gestalten?
     
  2. Welche baulichen und verkehrlichen Veränderungen für den Radverkehr wurden in den  letzten fünf Jahren umgesetzt und wurde hier alles Potenzial ausgeschöpft?
     
  3. Wie stuft das Bezirksamt die Radverkehrssicherheit im Bezirk ein und sieht es hier Verbesserungsbedarf?
     
  4. Wie stimmt sich das Bezirksamt mit den anliegenden Bezirken ab, um ein überbezirkliches Radwegenetz zu verwirklichen und Lücken im Radverkehr zu schließen?
     
  5. Wie beurteilt das Bezirksamt die Flächenverteilung der Verkehrsträger auf öffentlichem Straßenland und sieht es diese Verteilung noch als bedarfsgerecht an? 


 

Zur Beantwortung Herr BzStR Schulte:

 

Frau Vorsteherin, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Prejawa, ich beantworte die Große Anfrage wie folgt:

 

Zu 1. und 2.:

In den letzten Jahren wurden in mehreren Straßen des Bezirks Radverkehrsanlagen geplant und hergestellt, so in der Richard-Wagner-Straße, Wintersteinstraße, Sömmeringstraße, Lise-Meitner-Straße, Warnemünder Straße, Joachim-Friedrich-Straße, Westfälische Straße, Schloßstraße, Halenseestraße, Reichsstraße sowie aktuell in der Gaußstraße. Für die Nürnberger Straße, die Friedrichshaller Straße und den Kreuzungsbereich Bundesallee/Nachodstraße werden aktuell Planungen durchgeführt. Auch wurden neue Radfahrabstellanlagen sowie Verleihsysteme im Bezirk etabliert. Mit dem Gremium Fahr-Rat steht der BVV und dem Bezirksamt auch zusätzlicher Sachverstand zum Thema Radverkehr zur Seite, um Veränderungen und Verbesserungen zu diskutieren und umzusetzen. Die Beteiligung der BVV-Vertreter ist leider nicht immer vollständig. Ich würde mir sehr wünschen, dass auch die Vertreter der Fraktionen sehr viel stärker daran teilnehmen. Die Vertreter der Radfahr-Verbände sind dann immer etwas irritiert. Das kann man ja auch ändern.

 

Natürlich wird das Ausschöpfen eines Potentials durch fehlende finanzielle und personelle Ressourcen beschränkt. Zudem treten sowohl in planerischer als auch in realisierungstechnischer Hinsicht auch Verzögerungen auf, auf die man manchmal wenig Einfluss hat, ich nenne da nur drei Buchstaben: VLB. Um weitere Potentialquellen zu entdecken, erinnere ich gerade den Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaft, Verkehr und Ordnung daran, dass das vom Bezirksamt am 15. Oktober 2013 ein Verkehrskonzept vorgelegt, einen Entwurf, weil die BVV wollte gerne ein Entwurf haben über das sie dann gerne reden wollte und beschließen wollte und wir seit dem 15. Oktober 2013 warten, dass die BVV sich damit auseinandersetzt. Auch hier stehen mehrere Zeilen Potentialquellen, die man dann schöpfen kann.

 

Zu 3.:

Die Radsicherheit ist nicht nur im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, sondern in ganz Berlin dringend verbesserungsbedürftig. Neben sanktionierenden Maßnahmen, also beispielsweise den Schwerpunktkontrollen der schon lange bei uns eingesetzten Fahrradstreifen, werden aber Verhaltensänderungen sowohl beim Parken als auch beim Fahren selbst letztendlich nur durch Aufklärungsmaßnahmen zu bewirken sein. Denn trotz technischer Neuerungen, beispielsweise den Tote-Winkel-Spiegeln, zeigt die weiterhin hohe Anzahl an Verkehrsunfällen mit verletzten oder getöteten Radfahrerinnen und Radfahrern, dass die hohe Verkehrsdichte in der Stadt nur durch die in § 1 der Straßenverkehrsordnung geforderte gegenseitige Rücksichtnahme bewältigt werden kann.

 

Zu 4.:

Eine bezirksübergreifende Abstimmung findet kontinuierlich statt, so im Rahmen der Gespräche zum Radwegeinfrastrukturprogramm mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Dabei werden auch Anbindungen an die Nachbarbezirke besprochen, wie die Planung für die Radverkehrsanlage Gaußstraße zwischen der Lise-Meitner-Straße und der Bezirksgrenze. Da hört es dann natürlich nicht an der Bezirksgrenze auf, sondern der Bezirk Mitte plant hier im nächsten Jahr die Weiterführung über die Sickingenstraße bis hin zur Beusselstraße. In direkter Abstimmung mit dem Nachbarbezirk Tempelhof-Schöneberg wird angestrebt, die Prinzregentenstraße und die Wexstraße für den Fahrradverkehr entsprechend der Beschlusslage zu optimieren.

 

Zu 5.:

Diese Frage kann man nicht beantworten, ohne vorab den Bedarf zu definieren. Die Verkehrsteilnehmenden haben jeweils einen gruppenbezogenen, aber auch einen individuellen Bedarf und damit auch konkrete Vorstellungen darüber, wie sich ihr Verkehrsverhalten äußert. Dieser Individualität kann allerdings in keinem Verkehrsgeflecht vollständig entsprochen werden, weswegen es hier einen Mittelweg zwischen den persönlichen und den allgemeinen Mobilitätsbedürfnissen geben muss. Aber auch dabei zeigt sich, dass die Bevorzugung bestimmter Mobilitätsarten durchaus kontrovers diskutiert wird, wie die Idee der Nutzung von Busspuren durch Elektrofahrzeuge aktuell zeigt. Die Ausweitung von Verkehrsflächen zugunsten einer Mobilitätsart steht aufgrund der praktisch nicht erweiterbaren Zahl von Verkehrsflächen insgesamt immer in Konkurrenz zur bisherigen Nutzung. Vor dem Hintergrund des zunehmenden Verkehrs aufgrund der insgesamt wachsenden Stadt werden meiner Ansicht nach daher motorisierte individuelle Fortbewegungen gegenüber anderen Modellen zurückzugehen haben. Also, weniger Mief und dafür andere Formen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hat dazu den Stadtentwicklungsplan Verkehr aufgestellt. Dessen Umsetzung, beispielsweise die erweiterte Parkraumbewirtschaftung, stößt aber, vor allem auf der rechten Seite des Hauses, an dieselben Probleme, wie auch andere Maßnahmen, die Besitzstände und liebgewonnene Gewohnheiten zu verändern drohen.

 

Und ich will das zum Abschluss meiner Beantwortung an zwei Beispielen sehr deutlich machen. Die Einführung der Fahrradstraße Prinzregentenstraße ist ein voller Erfolg. Die Prinzregentenstraße hat sich zu einer Fahrradstraße wirklich entwickelt. Der Fahrradverkehr ist dort verstetigt worden, hat sich auch vermehrt. Und trotzdem gibt es große Probleme jetzt auf den querenden Straßen, Mittelinseln zu machen, damit tatsächlich dann auch die Prinzregentenstraße noch unattraktiver für Autoverkehr wird. Das ist etwas, da hat man da wieder eine harte Auseinandersetzung, wenn man etwas durchsetzen will und ich will auch die aktuelle Diskussion, die auch im Fahr-Rat geführt wurde, dort wurde aus Sicht des Fahr-Rates ganz knallhart gefordert, dass die Lewishamstraße, die parkenden Autos in den Spangen an dem Tunnel am Adenauer Platz wegkommen.

Das bedeutet, wenn man mit dem Fahrrad entlang fährt, hab ich mal gemacht, dass dann in diesem Bereich am Adenauer Platz in unmittelbarer Kudamm-Nähe 80 Stellplätze für Autos ersatzlos wegfallen. Ich will nur sagen, nun kann man das natürlich Fordern und sagen, mach mal voran. Ich will das einfach nur sagen, ob jeder wirklich meint, dass das in der jetzigen Situation auch politisch umsetzbar ist zu sagen, in solch einer zentralen Citylage, in der Lewishamstraße, verzichte ich auf 80 Stellplätze, damit ein Fahrradstreifen angelegt wird, d. h. es kommt ja nicht mehr Verkehr für den Autoverkehr, sondern es soll ein Fahrradstreifen angelegt werden. Und das sind Auseinandersetzungen, die müssen wir gemeinsam dann auch in so einem Verkehrskonzept diskutieren, in welchen Nord-Süd-Verbindungen wir uns das vorstellen können, können wir andere Nord-Süd-Verbindungen qualifizieren und können wir damit tatsächlich auch die Notwendigkeit, die Lewishamstraße als Radfahrer zu benutzen, dadurch einfach ausweichend, in dem wir andere bessere Nord-Süd-Verbindungen haben. Und dieser Konflikt, und bei Verkehrspolitik wird Jeder emotional und es wird immer spannend, weil wir hatten da z. B. ein Diskussion über Stellplätze an einem nicht ganz weit davon entfernten Platz, dessen Namen ich, glaube ich, nicht sagen muss. Und wenn wir da jetzt noch mal 80 Stellplätze so nebenbei abbauen, dann ist das schon eine Frage, da müssen wir ehrlich sein und auch zugeben, dass das nicht so einfach umzusetzen sein wird.

Ich wünsche mir ja, dass die CDU irgendwann lernfähig ist. Ich nehme auch den Antrag beim Dickensweg noch mal zum Anlass, der ja auch von der CDU gekommen ist, wo gesagt wurde, man will unbedingt einen Stellplatz pro Wohnung. Wenn wir dort neue Wohnungen schaffen und eine neue Form des Wohnens qualifizieren, dann ist die Frage, braucht diese neue Form des Wohnens wirklich einen Stellplatz. Das ist die Frage, die man auch diskutieren muss und die natürlich Konsequenzen für Verkehrskonzepte hat. Warum fordert man dann nicht z. B. Fahrradparkhäuser und andere Dinge, um das dann attraktiver zu machen und warum geht man dann konzentriert auf die Frage des motorisierten Individualverkehrs. Wir können damit sehr bald anfangen und deswegen, als letzter Satz,  einfach nur zu sagen, der Fahrradverkehr, er lebe hoch, führt nicht so wirklich weiter, sondern es ist wirklich die Frage, wie wir das in dem gesamten Konzept mit einbauen und dafür haben wir eine Vorlage, wie mit dem Verkehrskonzept gemacht, lassen Sie es uns endlich beraten, dann brauchen wir auch keine solche Großen Anfragen. Dankeschön.

 

 


 

 
 

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