Thema des Monats Juli 2019

Nächtliche Beleuchtung in öffentlichen Parks und Grünanlagen – Insektenfalle oder mehr Sicherheit für Passanten?

Die Fraktionen der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf nehmen in den folgenden Beiträgen zu diesem Thema Stellung.

SPD-Fraktion

Im Zuge der Diskussion um die öffentliche Sicherheit wird in unregelmäßigen Abständen immer wieder gefordert, öffentliche Grünanlagen stärker zu beleuchten. Dass die subjektive Wahrnehmung von Unsicherheit im öffentlichen Raum insbesondere bei Dunkelheit statistisch kaum zu belegen ist, wird im Lichtkonzept Berlin (vgl. S.60-62) dargestellt. Das Lichtkonzept Berlin, dass 2015 von der damaligen SPD/CDU-Regierung beschlossen wurde, legt auch den Rahmen für eine partielle Beleuchtung von Parks und Grünflächen fest, die von den Bezirken veranlasst und finanziert werden muss. Dabei ist insbesondere die Lichtverschmutzung zu beachten, die nicht nur Anwohnern, sondern vor allem Insekten und Wildtieren große Probleme bereiten kann. Entsprechend werden hohe Anforderungen an die einzusetzenden Leuchtmittel und kurze Leuchtzeiten (Bedarfssteuerung) gestellt. Die Beleuchtung von Parks und Grünanlagen im Bezirk sollte sich deshalb aus Sicht der SPD nicht nur aus Energie- und Kostengründen auf wenige unverzichtbare und hoch frequentierte Wegeverbindungen beschränken.

Martin Burth

CDU-Fraktion

Eine Grünanlage sollte nicht nur im Sommer für die Menschen zugänglich sein, sondern auch in den Monaten, in denen die Dämmerung bereits zur Nachmittagszeit beginnt. Alleine eine simple Durchquerung einer dunklen Grünanlage kann für mobilitätseingeschränkte Menschen gefährlich werden. Die Aufenthaltsqualität und die Sicherheit einer Grünanlage könnten durch eine Beleuchtungsanlage schnell verbessert werden. In unserem Bezirk besitzen wir bereits viele solcher Anlagen, doch fast alle sind defekt. Warum lassen wir diese verwahrlosen? Am Rüdesheimer Platz fordert die Unternehmerinitiative Netzwerk Südwest, mit der Unterstützung vom Rüdi-Net, ein modernes Beleuchtungskonzept. Dieses soll gemeinsam mit der Anwohnerschaft konzipiert werden. Wir unterstützen diese Forderung und haben dem Bezirksamt bereits konkrete Vorschläge unterbreitet: Ein kostenneutraler Betrieb mit Solarpanels, regulierbare Beleuchtung, um Insekten zu schützen und die Nachtruhe der Anwohnerschaft zu wahren, Ambiente statt Bestrahlung – mit der heutigen Technologie könnte an diesem Platz ein Novum entstehen. Scheuklappen runter und Licht an! Gestalten wir unsere Grünanlagen modern, umwelt- und aufenthaltsfreundlich.

Simon Hertel

B‘90/Grünen-Fraktion

Grünflächen und Parks sind Rückzugsgebiete, nicht nur für den Menschen. Wie viel Raum wollen wir wild lebenden Tierarten in unserer Stadt lassen? Sind wir bereit, auch sechsbeinige Stadtbewohner einzuschließen; immerhin machen Insekten weit mehr als die Hälfte aller bekannten Tierarten aus? Kunstlicht ist für viele eine Falle. Als eine Studie von Krefelder Entomologen 2014 den Rückgang der Fluginsekten um 75 Prozent konstatierte, waren alle erschrocken. In der Folge verringert sich auch die Zahl der insektenfressenden Vögel. Was verursacht innerhalb einer Generation eine solche Insekten-Vernichtung? Die dramatische Abnahme auf ein Viertel – sogar in Naturschutzgebieten – deckt sich mit der Einführung neuer Insektizide. Gleichzeitig haben die Intensivierung der Landwirtschaft und der Verlust von Brachen die Habitate für Insekten soweit vernichtet, dass die Bestäuberleistung zurückgegangen ist. Viele Feldfrüchte und alle Obstsorten brauchen jedoch die Bestäubung durch Insekten zur Fruchtbildung. An Lichtverschmutzung stirbt ein Drittel der Insekten, die Bestäuberleistung der Nachtaktiven fehlt dann.

Licht in der Stadt führt auch dazu, dass weniger Sterne zu sehen sind. In unbeleuchteten Parks ist die Möglichkeit, Sterne zu beobachten, besser und ein Teil unserer Lebensqualität.

Sibylle Centgraf

FDP-Fraktion

Vor dieser Frage standen schon 2015 die Tagesspiegel-Leser und sie ist immer wieder aktuell. Gerade in der warmen Jahreszeit zieht es uns ins Grüne. Die Helligkeit genießen wir oft bis 22 Uhr. Wer danach durch die Grünanlagen seinen Heimweg beginnt, vermisst die Laternen. Auch die Straßenbeleuchtung am Rande der Parks scheinen gedimmt und beleuchten kaum die Fahrräder, die dort angekettet sind. Für die Straßenbeleuchtung ist der Senat, für die in Parks wären die Bezirke zuständig; darin liegt ein Problem: Laternen verbrauchen Strom und verursachen Instandhaltungskosten, die den Bezirken im Etat fehlen.

Es gibt auch ökologische Gründe. Nachtaktive Tiere, wie Fledermäuse und Füchse, suchen die Dunkelheit. Nachtfalter und andere Insekten fühlen sich durch die Beleuchtung angezogen und verbrennen durch den Kontakt mit den heißen Lampen.

„…die im Dunkeln sieht man nicht!“ Die Parkbeleuchtung vermittelt nur eine eher subjektive Sicherheit. Überfälle kann es leider bei Tag und Nacht geben und genauso bei spärlicher Beleuchtung. Unsere Parks sind als Erholungsgebiete bei Tageslicht konzipiert. Es gibt keine gesetzliche Pflicht für deren Beleuchtung. Das Bezirksamt sollte aber prüfen, ob bei großen Durchquerungen zu Wohngebieten, moderne Beleuchtungstechnik sinnvoll sein kann.

Stephanie Fest

AfD-Fraktion

Der schier verzweifelte Ruf nach Licht gilt einem neuen in unserer Stadt entstandenen Phänomen: Den Angsträumen, die sich allenthalben in dunklen Ecken – vorwiegend Parkanlagen – ausbreiten. Sie entstehen, wenn die allgemeine Sicherheitslage zu wünschen übrig lässt und Bürgerinnen und Bürger bestimmte Plätze bei Dunkelheit meiden, weil sie zu Recht dunkle Gestalten mit wenig guten Absichten fürchten. Am Rüdesheimer Platz wollten die Anrainer mehr Licht, um das Sicherheitsgefühl zu stärken; durch Aufstellung zweier Laternen sollte dies geschehen. Ein leicht erfüllbarer Wunsch, sollte man meinen, aber nicht mit den Grünen: Diese beiden Laternen würden das Insektensterben hervorrufen, meinten sie – und deshalb lehnte die gesamte linke Zählgemeinschaft den Antrag im Umweltausschuss der BVV ab.

Nun hatten sich Insekten und Laternen seit mehr als 200 Jahren in Berlin gut vertragen; die Laternen standen und die Insekten flogen. Derzeit sind es 224.000 Laternen, die in Berlin stehen. Warum nun gerade angesichts dieser Gesamtzahl zwei neue Laternen am „Rüdi“ das Insektenschicksal endgültig besiegeln sollen, bleibt jedem Denkenden verborgen. Bekanntlich vertreibt Licht lichtscheues Gesindel – deshalb schalten Sie das Licht an, Herr Schruoffeneger!

Hans Asbeck

Linksfraktion

Die Thematik der Beleuchtung von Park– und Grünanlagen in unserem Bezirk wird durchaus kontrovers diskutiert. Einerseits ist natürlich das Grundbedürfnis nach Sicherheit beim Durchqueren von Grünanlagen in der Dunkelheit zu recht wichtig und richtig. Dieses sollte auch durch die zuständigen Behörden erfüllt werden. Anderseits darf man aber auch die zunehmende Lichtverschmutzung, gerade in urbanen Lebensräumen wie Berlin, nicht außer Acht lassen. Schon jetzt ist es fast unmöglich, in klaren Nächten den Sternenhimmel in unserem Bezirk zu sehen. Außerdem wurde in verschiedenen Studien festgestellt, dass sich die permanente Lichtflut auf den Biorhythmus und das Verhalten von Menschen und Tieren auswirken kann. Doch es gibt Lösungsansätze: Denkbar wären bestimmte Leuchtdioden, die zielgerichtet die Gehwege und die Umgebung ausleuchten, damit kein Licht unnötig nach oben in die Atmosphäre abgestrahlt wird. Außerdem wäre die Ausstattung mit Bewegungsmeldern an bestimmten Punkten überlegenswert, damit dann nur beleuchtet wird, wenn es nötig ist. Schlussendlich müssen aber auch die verantwortlichen Fachämter auskömmlich mit Personal und Finanzmitteln ausgestattet sein, damit niemand im Dunkeln stehen bleiben muss.

Sebastian Dieke