Thema des Monats September 2017

Denkmalschutz verbessern

Historische Gebäude zu erhalten und kulturelles Erbe zu sichern gehört zu den Aufgaben des Denkmalschutzes. Doch die Anforderungen der wachsenden Stadt und die Vorstellungen der Bauherren sind nicht immer mit dem Denkmalschutz in Einklang zu bringen. Neue Konzepte sind gefragt – damit beschäftigt sich die BVV in diesem Monat.

SPD-Fraktion

Die Frage wurde lösungsorientiert schon in der letzten Wahlperiode gestellt und erste Maßnahmen zur Verbesserung getroffen. Eine zusätzliche Stelle sorgte für eine Entlastung und reduzierte die Bearbeitungsrückstände. Für manche – teils berechtigt – zu wenig, aber das was möglich war. Damit haben wir auch hier eine Kehrtwende des Personalabbaus eingeleitet. Diesen Weg werden wir auch in dieser Wahlperiode weiterverfolgen. Die SPD- Fraktion wird zusätzlich auch die inhaltliche Arbeit des Denkmalschutzes in Quantität und Qualität auf die Anforderungen der Zukunft auszurichten versuchen. Mit Quantität ist ein zeitnahes Abarbeiten der vier Aufgaben des bezirklichen Denkmalschutzes gemeint. Mit Qualität die zusätzliche Nutzung der Fördermittel des städtebaulichen Denkmalschutzes. Dazu sind Konzepte für die Ortsteile des Bezirkes notwendig, die zum einen die Bausubstanz von Denkmalen, Altbauten bis hin zur Siedlung der Berliner Moderne innerhalb eines Quartiers darstellen, um eine urbane Weiterentwicklung mit Identifikationswert und baukultureller Bedeutung zu sichern.
Wolfgang Tillinger

CDU-Fraktion

Um diese Frage zu beantworten, muss man sich verdeutlichen, was der Sinn und Zweck des Denkmalschutzes sein sollte und wie der aktuelle Stand bei uns im Bezirk ist. Der Denkmalschutz und die Denkmalpflege sollen wichtige Zeugnisse der Baukultur bewahren. Sie tragen im Idealfall dafür Sorge, dass Denkmale in die städtebauliche Entwicklung und Landschaftspflege einbezogen werden. Ein Blick in die umfangreiche Liste der Baudenkmale unseres Bezirks macht jedem sofort deutlich, dass zur Bewältigung dieser Aufgabe Mitarbeiter in zweistelliger Zahl notwendig sind. Dennoch stehen in unserem Bezirk seit Jahren nur zwei Mitarbeiter dafür zur Verfügung. Daher konnten die oben beschriebenen Aufgaben in unserem Bezirk nicht erfüllt werden, auch wenn die betroffenen Mitarbeiter ihr Bestes gegeben haben. Von politisch verantwortlicher Seite (insbesondere SPD-Baustadtrat) ist in der letzten Wahlperiode nichts passiert, um diesen Zustand zu ändern. Augenscheinlich wurde von der Hausleitung der Denkmalschutz als Nebenaufgabe betrachtet. Denkmalschutz ist aber eine wichtige Pflichtaufgabe, die sich nicht nur darauf beschränken darf, den Umbau oder Abriss von Denkmalen zu verhindern, sondern der im Vorfeld beratend
und unterstützend tätig werden muss, damit diese entsprechend gepflegt und erhalten werden können. Dahin müssen wir dringend zurück.
René Powilleit

B‘90/Grünen-Fraktion

Mit Inkrafttreten einer „liberalisierten“ Berliner Bauordnung im Februar 2006 hat das Land Berlin den Einfluss auf viele Bauvorhaben quasi aus der Hand gegeben. Statt bei den bezirklichen Bauämtern liegt die Wahrung des Baurechts nun beim „freien Markt“ – also bei Investoren sowie bei von ihnen bezahlten Architekten und Gutachtern. Ziel der unter dem damaligen rot-roten Senat beschlossenen Liberalisierung: Personalsparen, bis es quietscht. Das wurde seit 2006 erfolgreich umgesetzt: Das Personal in den bezirklichen Bauämtern ist so stark reduziert worden, dass es fast handlungsunfähig ist. Eine der wenigen Einflussmöglichkeiten, die Bauämtern verblieben sind, ist der Denkmalschutz – sofern ein Gebäude das Glück hat, unter Denkmalschutz zu stehen. Doch selbst hier sind in den vergangenen 10 Jahren Mitarbeiter eingespart worden. Berlin erlebt eine neue Gründerzeit. Gestaltung des baulichen Wachstums gehört zu den staatlichen Hoheitsrechten. Dabei spielen sowohl soziale, ökologische wie auch ästhetische Aspekte eine Rolle. Eine ausreichende Personaldecke sowie rechtliche Instrumente sind die Basis, damit der Staat seine Aufgaben wahrnehmen kann. Soziales, Ökologie und Ästhetik gegeneinander auszuspielen, wie manch einer es derzeit tut, schadet dem Wachstum der Stadt.
Jenny Wieland

FDP-Fraktion

In Charlottenburg-Wilmersdorf gibt es 1.901 Denkmale. Denkmale sind identitätsstiftendes baukulturelles Erbe, welches zu schützen ist. Im Bezirk muss ein schlechter Umgang mit denkmalgeschützter Bausubstanz festgestellt werden. Der Gloria Palast wird abgerissen, das Haus der Kirche am Karl- August-Platz wird teilweise abgerissen, die Holtzendorff-Garagen dümpeln vor sich hin, für die Kant-Garagen konnten erst nach zähen Verhandlungen Lösungsansätze gefunden werden, die den Abriss verhindert haben. Aber wo liegen die Probleme? Kommen die Eigentümer der besonderen Sorgfaltspflicht gegenüber Denkmalen nicht nach? Kümmert sich die bezirkliche Denkmalpflege nicht mit der notwendigen Energie um unsere Denkmale? Der Bezirk hat die meisten Denkmale im Land Berlin – und die Denkmalschutzbehörde mit den wenigsten Mitarbeitern – drei Vollzeitstellen. Der Bezirk setzt aus Sicht der FDP-Fraktion erneut die falschen Prioritäten. Statt unser bau-kulturelles Erbe zu schützen und zu bewahren, investiert das Bezirksamt lieber in Personal für das Bürokratiemonster Milieuschutz. Die FDP bezweifelt, dass hierdurch die akuten Probleme bei der Denkmalpflege behoben werden können. Dies ist kein Ausdruck erfolgreicher Politik.
Johannes Heyne

AfD-Fraktion

Denkmalschutz – In Charlottenburg-Wilmersdorf gerade nur noch eine lateinische Phrase mit der Bedeutung „Wohin gehst du – Denkmalschutz?“.In unserem Bezirk wird der Denkmalschutz gerade gegen die Wand
gefahren. Dazu einige Beispiele: Deutschlandhalle – Denkmalschutz – schon lange abgerissen. Gloria-Palast – Denkmalschutz – wird gerade abgerissen. Ku’damm-Bühnen – Innenausstattung Denkmalschutz – soll abgerissen werden. Schaubühnen- Mendelsohn-Ensemble – Denkmalschutz – soll durch Neubebauung verändert werden. Warum dieser mehrfache Verstoß gegen geltendes Recht? Weil SPD, Linke, Grüne und auch Frau Merkel immer öfter behaupten, es gäbe „keine spezifisch deutsche Kultur“, um es mit den Worten von Frau Özoguz (SPD) zu sagen. Wohl kaum jemand wird ernsthaft bestreiten, dass Baudenkmäler und die alt angelegten urbanen Strukturen das Gedächtnis einer Stadt ausmachen. Wenn wir unsere Baudenkmäler aufgeben, verlieren wir unser kulturelles Gedächtnis. Ein Schelm, wer vermuten würde, dies wäre von SPD, Linken, Grünen und Teilen der CDU nicht so gewollt.
Marion Boas

Linksfraktion

Denkmalschutz gilt als „veraltet“ und „konservativ“ – doch um das kulturelle Erbe der Stadt zu sichern, braucht es denkmalschutzrechtliche Instrumente: Erinnerungs- und kulturpolitisch, aber auch stadtpolitisch, z.B. wenn Wohnungen und soziale Infrastrukturen durch Denkmalschutz gerettet werden können. Deshalb müssen ausreichend personelle und finanzielle Ressourcen bereitgestellt werden. Insbesondere wollen wir dem Denkmalschutz in der Planungsphase von Bauvorhaben mehr Gewicht verleihen und verstärkt Bauherren und Eigentümer*innen Pflegepläne zum Erhalt auferlegen. Denkmalschutz muss stärker in die Öffentlichkeit: Mit breiter Bürger*innenbeteiligung sollen die Denkmalschutzbehörden Erhaltungsund Entwicklungsstrategien erarbeiten, insbesondere Pflegepläne. In allen Bezirken muss es öffentlich tagende Denkmalbeiräte geben, an denen sachkundige und interessierte Bürger*innen teilnehmen können, der Landesdenkmalrat muss seine Tätigkeit transparenter gestalten. Kurz: Die soziale Stadt braucht einen starken Denkmalschutz, auch den Willen, Denkmalschutz gegen profitorientierte Investor*innen durchzusetzen.
Niklas Schenker