Thema des Monats Oktober 2010

Bedeutung der Kleingärten im Bezirk

Die Bezirksverordnetenversammlung diskutiert

Kolonie Oeynhausen, 21.7.2008, Foto: KHMM

Kolonie Oeynhausen, 21.7.2008, Foto: KHMM

In Charlottenburg-Wilmersdorf gibt es 116 Kleingartenanlagen mit 8664 Parzellen auf 302,3 ha Fläche, das sind knapp 5 Prozent des Bezirks. Rund 80 Prozent der Kleingärten sind dauerhaft gesichert. Für die meisten anderen gibt es Schutzfristen, meist bis zum Jahr 2020. Die Kleingärten werden vom Bezirksamt in Zusammenarbeit mit den Bezirksverbänden der Kleingärtner auf der Grundlage des Bundeskleingartengesetzes verwaltet.

SPD-Fraktion

Kleingartenkolonien – ein ständiges Sorgenkind?
Kleingartenkolonien sind als grüne Lungen unverzichtbar. So war uns als SPD wichtig, in Charlottenburg-Wilmersdorf bis auf wenige Ausnahmen die Schutzfristen für unsere Kolonien verlängern zu lassen. Und auch bei denen, die bisher nicht abgesichert sind, haben wir die Hoffnung, dass sich auch dort in absehbarer Zeit dauerhafte Lösungen ergeben.
Auf der anderen Seite birgt das Problem der übergroßen Lauben eine Menge Zündstoff. Nicht nur in dieser Frage wird immer wieder Solidarität eingefordert. Doch diese ist nicht immer nur von der Politik einzufordern, sondern auch untereinander, in den Kolonien selbst vonnöten.
Der Dialog untereinander und mit der Politik steht und fällt mit den Kolonievorständen. Gut ist, dass die Mehrzahl von ihnen neben der Beachtung von Regeln auch die Lebensumstände der Einzelnen im Auge behalten.
Es bleibt festzustellen: Die Kleingärtner sind mitnichten nur eine privilegierte Bevölkerungsgruppe, zu der sie gerne erklärt werden, sondern ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft.
Christel Dittner

CDU-Fraktion

Wie wichtig sind unsere Kleingärten?
Die CDU-Fraktion hat als einzige Fraktion immer wieder in verschiedenen Gremien auf Landes- und Bezirksebene Vorschläge zum Umgang mit “übergroßen” Lauben eingebracht. Eine sozial ausgewogene, beide Seiten in die Pflicht nehmende und langfristig für einen Rückbau sorgende Lösung ist anzustreben. Eine einseitige Belastung der Kleingärtner kommt nicht in Frage.
Unzähligen Initiativen auf Bezirks- und Landesebene, die nicht im FNP abgesicherte Kolonien, z.B. Wiesbaden, Durlach und Am Fenn einer Schutzfristverlängerung zuzuführen und den Bestand zu sichern, sind durch uns entstanden. Frau Junge-Reyer (SPD) ist nicht willens, die Kolonie Durlach aus ihrer unsinnigen Wohnbauplanung zu entlassen und dauerhaft Kleingartengelände zu erhalten.
Die CDU-Fraktion wird trotz des Widerstandes weiter für den Erhalt kämpfen.
Carsten Engelmann

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Vielfalt durch Kleingärten
Vor 20 Jahren strömten die bis dato ummauerten Westberliner ins Umland und entdeckten das ländliche Grün. Bis dahin war jede innerstädtische Brache ein Biotop, die Kleingärten – selbst die in Kudamm-Nähe – unantastbar, und jeder Baum genoss besonderen Schutz. Schließlich hatte man in Berlin in den 70ern die “Stadtökologie” erfunden und festgestellt, dass es in der Stadt wesentlich mehr verschiedene Wildtierarten und auch eine größere Vielfalt an Pflanzen auf kleinem Raum als in der Feldmark gibt. Berlin war zudem wegen seiner kleinteiligen Enge der Spitzenreiter unter den artenreichen Lebensräumen im gemäßigten Mitteleuropa.
Der Abwechslungsreichtum ist in der Stadt heute bei Kleingärten am höchsten. Blumen, Hecken, Obstbäume, Teiche, Rasen, Mäuerchen, Ställe, Bienenkörbe und Lauben auf kleinster Fläche. Selbst die Nutzer sind bunt und vielfältig: alle Altersstufen, alle Einkommensstufen und zunehmend Zugezogene, die eine eigene Scholle rege nutzen und unseren Bezirk damit nicht nur ökologisch bereichern. Kleingärten kann Berlin gar nicht genug haben!
Sibylle Centgraf

FDP-Fraktion

Der Bezirk verfügt über viele Kleingartenanlagen, die sich an höchst unterschiedlichen Stellen befinden. Während sich die einen an viel befahrenen Bahntrassen befinden, sind andere an zentralen Lagen in der Innenstadt zu finden, teils in unmittelbarer Umgebung geschlossener Wohnbebauung. Diese Kleingärten werden oft als Parkersatz genutzt, was viele Kleingärtner positiv begleiten. Dennoch sind es Bauvorratsflächen, die für ortsnahe Infrastruktur wie Schulen vorgehalten und nur vorübergehend durch Laubenpieper genutzt werden.
Bei der Schaffung von Planungsrecht zu Gunsten neuer Bebauungen muss sich der Bezirk seiner Verantwortung gegenüber den Kleingärtnern und der Allgemeinheit in gleichem Maße bewusst sein. Es gibt viele Kleingärtner, die ihre Parzellen gern erwerben würden. Daher favorisiert die FDP-Fraktion die Umwandlung der Kleingärten außerhalb des S-Bahnrings in Kleinsiedlungsgebiete. Die übrigen Flächen sollen, sofern sie nicht weiterhin als Vorratsflächen gebraucht werden, einer innerstädtischer Verdichtung z.B. durch Wohnungsbau zur Verfügung stehen.
Kerstin Breidenbach und Johannes Heyne

Fraktion Die Linke

Die Zukunft der Städte liegt in einer konsequenten Umsteuerung in Richtung nachhaltiger und integrierter Stadtpolitik. Dazu gehört auch der Schutz, gar die Erweiterung innerstädtischer grüner Oasen. Das trifft vor allem auf die Kleingärten zu, sie müssen wesentlicher Bestandteil dieser neuen Stadtpolitik sein. Es muss endlich klar werden, dass der Wert der Kleingartenfläche nicht am Verkaufspreis als Baugrundstück gemessen werden kann, sondern am Wert für die Lebensqualität der Menschen in der Stadt. Ich möchte sogar die These aufstellen, dass ein innerstädtisches Grundstück als Grünfläche für die Stadt einen wesentlich höheren Wert hat, als sie mit jedem Verkaufspreis als Baugrundstück erzielen kann. Die Bürger müssen diesen Wert nur selbst erkennen und Widerstand gegen jede Art der Bebauung von Grünflächen leisten. Es muss aber auch in das Bewusstsein der Wähler, dass man Menschen, die für Geld innerstädtische Lebensqualität vernichten, nicht wählen darf. Das verlangt eigentlich schon der Selbstschutz.
Wolfgang Tillinger