Rede der Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen zum 25jährigen Bestehen des Klosters Karmel Maria Regina Martyrum am 27.5.2007

Rede der Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen

Zum 25jährigen Bestehen des Klosters Karmel Maria Regina Martyrum am 27.5.2007

Sehr geehrte Priorin Schwester Marie-Luise Wiesweg!
Sehr geehrte Schwestern des Klosters Karmel!
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Hans Joachim Meyer!
Sehr geehrte Damen und Herren!

Sieben Jahre nach Kriegsende, 1952, wurde die Gedenkstätte Plötzensee eröffnet, und als in den 50er Jahren auf dem Kleingartengelände ganz in der Nähe der Gedenkstätte die Paul-Hertz-Siedlung geplant wurde, schuf man in dem neuen Wohngebiet vielfältige Beziehungen zur Geschichte des Nationalsozialismus.
Die Straßen und die Grundschule wurden nach Widerstandskämpfern benannt, und die beiden christlichen Kirchen widmeten ihre neuen Gebäude in dieser Siedlung der Erinnerung, dem Gedenken und der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. Im evangelischen Gemeindezentrum Plötzensee und in der katholischen Kirche Maria Regina Martyrum konfrontieren uns eindrucksvolle Kunstwerke mit unserer Geschichte.
Als vor 25 Jahren 11 Schwestern aus dem Karmel Kloster im bayerischen Dachau hierher nach Berlin an den Heckerdamm in der Paul-Herz-Siedlung kamen, da war klar, dass sie hier ihre in Dachau begonnene Arbeit fortsetzen würden. Sie machten aus der katholischen Gedenkkirche eine lebendige Erinnerungsstätte.
Die Präsentation der Kirche und Gedenkstätte in Führungen, in der Zusammenarbeit mit Schulen und anderen Einrichtungen ist ein wichtiger Teil der Erinnerungsarbeit, die mit zunehmendem zeitlichem Abstand vom Nationalsozialismus eher noch dringlicher wird. Erinnerungsarbeit heißt immer auch Selbstreflexion. Deshalb ist eine der vom Kloster Karmel wahrgenommenen Aufgaben auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte der katholischen Kirche im Nationalsozialismus.
Ich habe unseren Kiezspaziergang vor zwei Jahren am 14. Mai 2005 vom Jakob-Kaiser-Platz zur Gedenkstätte Plötzensee noch in guter Erinnerung. Wir hatten diesen Spaziergang ganz bewusst als Veranstaltung im Rahmen unseres damaligen Jubiläums “300 Jahre Charlottenburg” geplant, und mehr als 100 interessierte Bürgerinnen und Bürger nahmen teil.
Besonders eindrucksvoll war die Führung hier auf dem Gelände und in der Kirche durch Schwester Theresa Benedikta. Die meisten begriffen wohl zum ersten Mal die tiefe Symbolik der gesamten Anlage und den Gehalt des großen Altarwandbildes von Georg Meistermann.
Pfarrer Boltz erklärte uns anschließend im evangelischen Gemeindezentrum nebenan den “Totentanz” von Alfred Hrdlicka, und nach dem Spaziergang durch die Kleingartenkolonien besuchten wir anschließend die Gedenkstätte Plötzensee.
Ich glaube, alle, die an diesem Spaziergang teilgenommen haben, waren tief beeindruckt einerseits von der Dokumentation am Ort des Verbrechens, der früheren Hinrichtungsstätte Plötzensee und andererseits aber auch von der gedanklichen und künstlerischen Auseinandersetzung mit der Geschichte des Verbrechens hier in den beiden Kirchen.
Manchmal wird ja das eine gegen das andere gestellt und behauptet, nur die sachliche Dokumentation könne dem Unfassbaren gerecht werden. Die Kunst sei dafür nicht geeignet, weil sie eben als Kunst immer auch ein Moment des ästhetisch Faszinierenden beinhalte, das der Dimension des Verbrechens unangemessen sei. Ich denke, gerade hier an diesem Ort zeigt sich, dass wir beides brauchen: sowohl die nüchtern-sachliche historisch genaue Dokumentation als auch die geistige Auseinandersetzung – und dafür ist diese Kirche ein besonders gut geeigneter Ort – für religiöse Menschen, aber auch ganz unabhängig von der Religion für jeden, der ein offenes Herz und einen offenen Verstand hat.
Ich bin Ihnen, den Schwestern des Karmel-Klosters, sehr dankbar für Ihre Arbeit, und ich hoffe, dass Sie diese Arbeit an dieser Stelle noch möglichst lange erfolgreich fortsetzen können.