260 Jahre Jüdisches Krankenhaus Berlin

Eine Klinik im Wandel der Zeit
von Gerhard Nerlich, Jüdisches Krankenhaus

Parkanlage mit Blick auf das Verwaltungsgebäude

Parkanlage mit Blick auf das Verwaltungsgebäude

Wussten Sie, dass das Jüdische Krankenhaus Berlin das zweitälteste Krankenhaus Berlins ist? Bereits 1756 wurde es gegründet. Leiter der Einrichtung in der Oranienburger Straße war der bekannte Arzt und Philosoph Marcus Herz. Das Personal fühlte sich insbesondere den sozial Schwachen verpflichtet.

Erhebliche Raumprobleme machten schon bald einen Neubau erforderlich. Im Jahr 1861 wurde ein nach modernsten medizinischen Gesichtspunkten neu errichtetes Krankenhaus in der Auguststraße bezogen. Bekannte Ärzte wie Ludwig Traube, Bernhard von Langenbeck, Hermann Strauß, Nathan Zuntz, Ludwig Pick und James Israel machten das Haus zu einer vorbildlichen Einrichtung der medizinischen Versorgung und Lehre. Das Jüdische Krankenhaus hatte sich von einem kleinen Spital zu einer „international berühmten Musteranstalt“ entwickelt.

Das Bettenhaus des Jüdischen Krankenhauses Berlin

Das Bettenhaus des Jüdischen Krankenhauses Berlin

Bis 1900 wuchs die Einwohnerzahl Berlins immens. Auch die Zahl der Patienten im Jüdischen Krankenhaus nahm ständig zu. Zudem wurden Diagnostik- und Behandlungsmöglichkeiten als Folge des medizinischen Fortschritts immer umfangreicher. Schon bald wurde erneut ein Krankenhausneubau benötigt. Kurz vor Ausbruch des 1. Weltkriegs, im Juni 1914 wurde das neue Krankenhaus im Bezirk Wedding, seinem heutigen Standort, eröffnet. Es war von Anbeginn bei den Menschen sehr beliebt, denn die medizinische Versorgung und die pflegerische Betreuung waren hervorragend.

Die medizinischen Leistungen bewahrten das Haus jedoch nicht vor den Folgen des Nationalsozialismus. Mit Machtergreifung der Nazis begann das traurigste Kapitel in der Geschichte des Krankenhauses. Sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Patienten wurden die Bedingungen nach 1933 zunehmend unerträglich. In den ersten Jahren galt das Krankenhaus als Zufluchtsort. Hier konnten renommierte jüdische Ärzte, die aus anderen Krankenhäusern vertrieben wurden, bis zu ihrer Emigration arbeiten. Ein Jahr später verloren jüdische Ärzte ihre Approbation. Schließlich wurde auch dem Jüdischen Krankenhaus nur noch die Behandlung kranker Juden gestattet. Das Krankenhaus war Sammellager und Zwischenstation für die Transporte in die Konzentrationslager. Es wurde Ghetto, aber auch Zufluchtsstätte für Untergetauchte. Zur Befreiung im Mai 1945 sollen sich bis zu 1.000 Menschen innerhalb seiner Mauern versteckt gehalten haben.

Die Synagoge im Jüdischen Krankenhaus Berlin

Die Synagoge im Jüdischen Krankenhaus Berlin

Als das schlimmste Kapitel endlich vorbei war, verließ der größte Teil der überlebenden Juden die Stadt. Das Jüdische Krankenhaus Berlin hatte als einzige jüdische Institution in ganz Deutschland den Naziterror überstanden und obwohl das jüdische Leben in Berlin in den folgenden Jahren langsam wieder erwachte, konnten die wenigen Gemeindemitglieder das Krankenhaus finanziell nicht mehr tragen. 1963 wurde das Jüdische Krankenhaus deshalb in eine Stiftung des bürgerlichen Rechts überführt.

Im Jüdischen Krankenhaus befindet sich auch die Synagoge. Sie steht als Bet- und Andachtsraum allen Menschen offen und wurde mit Spenden neu gestaltet.

Heute ist die Stiftung Jüdisches Krankenhaus Berlin Trägerin eines modernen, zukunftsorientierten Notfallkrankenhauses. Mit unseren hochspezialisierten, engagierten Ärzten und Pflegekräften versorgen wir jährlich über 30.000 Patienten auf medizinisch hohem Qualitätsniveau, verbunden mit einem besonderen Maß an Freundlichkeit und Mitmenschlichkeit. Unserer Tradition entsprechend und im steten Bewusstsein der Verfolgung jüdischer Menschen erhalten Flüchtlinge, Verfolgte und am Rande der Gesellschaft stehende Menschen unsere besondere menschliche Zuwendung. Wir sehen es als unsere besondere Verpflichtung an, die Arbeit derjenigen Menschen fortzusetzen, die das Jüdische Krankenhaus Berlin seit seiner Gründung ununterbrochen für die medizinische Versorgung der Berliner am Leben und Funktionieren hielten, auch unter widrigsten Bedingungen. „Alles was ihr tut, sollt ihr nur aus Liebe tun“, lautet die Lehre des großen Arztes und Philosophen Moses Maimonides – ein Leitgedanke, dem sich die Mitarbeiter des Jüdischen Krankenhauses Berlin stets verpflichtet fühlen.

Auf der Pflegestation

Auf der Pflegestation

Im vergangenen Jahr feierten wir das 260ste Jubiläum des Jüdischen Krankenhauses Berlin. Im Wandel der Zeit ist aus dem kleinen „Judenlazarett“ ein modernes Krankenhaus mit 352 Betten geworden. Im Krankenhaus ist eine Dauerausstellung zu sehen, die die eindrucksvolle Geschichte der Klinik dokumentiert und die als Wanderausstellung bereits in Israel, den USA und in Argentinien zu sehen war.

Die medizinischen Schwerpunkte des Krankenhauses liegen in den Bereichen Innere Medizin, Chirurgie, Neurologie und Psychiatrie. Zu den am häufigsten behandelten Erkrankungen gehören Herz- und Gefäßerkrankungen, Schlaganfälle, Multiple Sklerose, Suchterkrankungen, degenerative Gelenkerkrankungen, Stoffwechselstörungen und Magen-Darm-Erkrankungen. Die Rettungsstelle unseres Krankenhauses ist ein wichtiger Anlaufpunkt für die Notfallversorgung der Stadt. Zahlreiche Zertifikate dokumentieren die hohe Qualität der medizinischen Versorgung. 2015 lobte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe die „fantastische Arbeit“ des Hauses.

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Jüdischen Krankenhauses Berlin

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Jüdischen Krankenhauses Berlin

Und das Jüdische Krankenhaus Berlin wächst weiter. Unsere Patientenzahlen steigen seit Jahren kontinuierlich. Wir haben in den vergangenen Jahren erhebliche Strukturanpassungen umgesetzt und große Anstrengungen zur Steigerung der Effizienz der Versorgung und zur Verbesserung des Komforts unserer Patienten geleistet. Nach dem Neubau einer Intensivstation und des OP-Bereichs wurden drei Herzkatheterlabore errichtet, die Rettungsstelle modernisiert und die Sanierung der technischen Infrastruktur fertiggestellt.

Nun stößt das Haus wieder einmal an seine räumlichen Kapazitätsgrenzen. Zur Sicherung der Zukunft des Jüdischen Krankenhauses Berlin wird dringend ein neuer Anbau benötigt, der bereits in Planung ist, doch wie alle Berliner Kliniken ist das Jüdische Krankenhaus Berlin seit Jahren unterfinanziert. Die Finanzierung einer Großbaumaßnahme aus eigener Kraft stellt die Stiftung vor eine immense Herausforderung und wir benötigen dafür viel Unterstützung. Doch wir wollen auch in den nächsten 260 Jahren ein wichtiger Bestandteil der medizinischen Versorgung in Berlin sein, also werden wir nicht nur für unsere Patienten, sondern auch für das Haus selbst unser Bestes geben.

Sie möchten gern mehr über uns wissen?
www.juedisches-krankenhaus.de

Gerhard Nerlich
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +49 30 49942220
E-Mail: gerhard.nerlich@jkb-online.de